Ende Mai ertönt im ersten Dämmerungslicht ein vielfältiges und beeindruckendes, ja geradezu ohrenbetäubendes, Stimmenkonzert aus den weiten Absetzbecken der Schwemmteiche bei Golßen im südlichen Brandenburg. Die Schwemmteiche dampfen, die Morgendämmerung wechselt minütlich einen anderen Lichtschein in den Himmel. Ein echter Traum. Ein Morgen wie aus dem Bilderbuch. Aber dieses Naturparadies ist aus Menschenhand gemacht und auch gar nicht als Naturoase gedacht sondern als Entsorungsstation für einen großen Hersteller von Stärke und Proteinen aus Kartoffeln und Erbsen.
Noch etwas schlaftrunken, schiebe ich meinen Eckla Beach Rolly der Pro Edition mit dem ganzen Gepäck durch das hoch eutrophierte Gelände, das dicht mit Stauden, Gras und vor allem Brennnesseln bewachsen ist. Zum Glück ist das Gebiet kürzlich von einem Rasenmäher oder einer Motorsense behandelt worden. Der Weg ist aber auch so weit genug. Dort wo der Einlaß des Abwassers ist, will ich mein Zelt aufbauen.
Das Stealth Gear 2-Personen- Tarnzelt Extreme Professional Wildlife Square Hide ist ruckzuck im ersten Licht aufgebaut. Um die Vögel nicht zu erschrecken ist jetzt aber auch zügiges Handeln angesagt. Gut, daß das Tarnzelt mit dem Federstahl aufgerichtet wird; langwieriges Zusammensetzen von Zeltstangen entfällt, bzw. kann von innen nachgeholt werden. Selbstverständlich habe ich mir noch den Walkstool Comfort mitgenommen. Leider habe ich die Walkstool Steady Bodenspinne, die ein Einsinken des Stuhls in weniger festem Untergrund, so u.a. an Seen und Flüssen, gut verhindert, zu Hause vergessen. Da liegt sie gut.
Tarnzelte sind für den Vogelfotografen ein unentbehrliches Hilfsmittel. Heute will ich sie mal an Enten – Stockenten (Anas platyrhynchos) und Krickenten (Anas crecca) lieben die Absetzbecken für stärkehaltige Abwässer der Emsland Aller Aqua in Golßen sehr – oder rastenden Kraniche (Grus grus) ausprobieren. Vielleicht kommt ja auch eine Wasserralle (Rallus aquaticus) aus dem dichten Schilf hervor? Gelegentlich fliegt mal eine Wasserralle hüpfend von einem Uferrand zum nächsten. Auch Silberreiher (Casmerodius albus) oder Graureiher (Ardea cinerea) dürften möglich sein. Es kommt alles ganz anders.
Die Enten haben mich trotz der Frühe des Morgens bemerkt und nach Protestgeschrei aus dem näheren Umfeld verzogen. Einzig ein Paar Nilgänse (Alopochen aegyptiaca) fliegt mal laut rufend vorbei. Dafür ist prompt im ersten Morgennebel ein Waldwasserläufer (Tringa ochropus) zu sehen. Zuerst putzt er sich am schlammigen Uferrand und geht dann seiner Lieblingsbeschäftigung, der Nahrungssuche am Ufer, nach. Das Wasser der Schwemmteiche dampft wegen der hohen Temperaturunterschiede des Abwassers und der morgendlichen Temperaturen. Ein tolles Bild. Gut, daß ich mir diesmal das Canon-Objektiv EF 400mm f/2.8 IS II USM an einer Canon EOS 1DX Mark III mitgenommen habe. Mit einem Konverter kann ich immer noch ein 600er herstellen.
Mit der Morgensonne kommt eine ganz andere Stimmung auf. Der Nebel verschwindet erstaunlich schnell. Dafür fällt ein sanftes Licht auf die Pflanzen und Tiere. Ein nahebei gelegenes Brennnesselfeld wird mit einem alten Halm gerne als Ansitz genutzt. So kann ich schnell zuerst ein Männchen des Braunkehlchens (Saxicola rubetra), dann einen Sumpfrohrsänger (Acrocephalus palustris) und schließlich ein Paar des Neuntöters (Lanius collurio) im wunderschönen Morgenlicht sehen und perfekt aus geringer Entfernung fotografieren.
Langanhaltend ist eine lautstarke Auseinandersetzung einiger Kuckucke (Cuculus canorus), deren Reviere hier wohl aneinanderstoßen. Immer wieder rufen die Kuckucke aus dem Waldrand hinter mir und fliegen dann mit auffälligen, langsamen Flügelschlägen über das Tarnzelt hinüber und landen in der trockenen Schlammfläche. Manchmal bleiben sie dort auf einem trockenen Halm sitzen und spreizen eindrucksvoll die Schwanzfedern um den Konkurrenten zu beeindrucken. So vergeht die Zeit. Als ich irgendwann auf die Uhr gucke, habe ich doch fast 4 Stunden in dem Zelt verbracht und viele, schöne Aufnahmen machen können.
Die Schwemmteiche bei Golßen hatte ich im Winter kennen- und schätzen gelernt. Hier läuft warmes Wasser aus Einleitungsrohren und erwärmt die unmittelbaren schilfbestandenen Wasserflächen wenn im Winter andere Oberflächengewässer der Umgebung längst unter einer dicken Eisschicht überwintern. Wie auch an diesem Tag dampft es eindrucksvoll in der Einleitungsumgebung am westlichen Rand des Geländes. Leider ist das Gelände öffentlich nicht zugänglich und ich mußte mich um eine Genehmigung von Seiten des Betreibers kümmern. Die Schwemmteiche sind Betriebsgelände und dürfen sonst nur von außen betrachtet werden. Für Sichtungen von fliegenden Vögeln reicht das aber auch aus.
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