Habicht am winterlichen Luderplatz

HabichtIn den Tiefen des norwegischen winterlichen Küstenwaldes bin ich schon vor 6:00 morgens unterwegs. Es ist stockdunkel. Früh war ich mit Ole Martin Dahle aufgebrochen, um noch im Dunkeln in einem Hide zur Habichtfotografie zu sein. Bei einer sehr erfolgreichen Adlerfotografie in Nord-Trondelag hatte es nur erfolglose Versuche mit dem Habichtansitz im Jahr 2013 gegeben. Diesmal war ich etwa 90 Minuten früher auf dem Weg, um möglichst weit vor der Aktivitätszeit des Habichts in meinem Versteck zu sein. In der Nacht zuvor hat es geschneit. Nun ist die Luft kalt und das Land liegt still unter einer dünnen, vereisten Schneedecke. Fast ein richtiger Winter, dazu Schnee. Ideale Bedingungen für die Habichtfotografie. Wir fahren eine schmale Straße aus dem Ort heraus und schon wenig später stellt Ole den Wagen am Kiefernwaldrand ab. Dann zu Fuß durch den Kiefernwald. Der Pfad wird nur notdürftig erleuchtet nur einem mageren Taschenlampenlicht. Er führt über Stock und Stein. Die Luft ist kühl aber bald schon sind wir in der geräumigen Hütte. Gut, daß ich ausreichend Stativköpfe mitgebracht hatte. Diese werden mit je einer großen Flügelschraube unter dem dicken Simms befestigt. Die „Schießscharten“ der Ansitzhütte werden mit Objektiven bestückt, Kameras montiert und befestigt. Derweil präpariert Ole den Ludertisch mit einem Moorschneehuhn-Köder. Der Köder wird auf dem Tisch so drapiert, dass es aussieht, wie auf Waldboden ausgelegt.

Nun ist alles bereit für die Fotografie. Jetzt – so um 5:45 – ist es in dem recht geschlossenen Kiefernwald immer noch sehr dunkel. Ich präparier noch ein wenig und lege mich dann auf den bereit gelegten Schlafsack. Ein wenig döse ich wohl auch ein. In der Dunkelheit ist als erstes eindeutig eine Amsel (Turdus merula) zu hören. So gegen 07:00 Uhr wird es wieder was heller. Keine Vögel und auch keine Eichhörnchen weit und breit zu hören. Es fängt an zu schneien. Und das nicht zu knapp. Zum Glück kein Regen. Wunderschön wird der Tisch mit dem Moorschneehuhn eingeschneit. Das gibt super Bilder vom Habicht – wenn er denn kommt. Nun beim ersten Licht sind auch Meisen zu sehen. Und dann tatsächlich: Die Kohlmeisen (Parus major) und schließlich auch einige, wenige Blaumeisen (Cyanistes caeruleus) sind die ersten. Noch im ersten Büchsenlicht sind sie zu sehen. Dann sind wenig später aber auch andere Meisenarten da. Zuerst Weidenmeisen (Poecile montanus), Tannenmeise (Periparus ater) und Haubenmeise (Lophophanes cristatus). Wenig später dann auch der erste Eichelhäher (Garrulus glandarius). Insgesamt 3 Exemplare zähle ich. Dann sind die ersten Eichhörnchen zu sehen. Immer wieder wippen sie aufgeregt mit dem Schwanz. Gegen 9:00 wird es zwischenzeitlich deutlich heller. Kommt da etwa die Sonne heraus? Das ist dann doch zu viel verlangt. Aber immerhin. Dann zieht es sich aber doch wieder zu. Kurz höre ich auch mal die typischen Rufe der Dompfaffe oder Gimpel (Pyrrhula pyrrhula). Zu sehen sind die bunten Gimpel, dann auch. Auf dem Boden unterhalb der Körnerbehälter tummeln sich auch Finken. Es sind Bergfinken (Fringilla montifringilla). Wenig später ist doch intensive Rufaktivität bei den Eichelhähern zu vermelden. Ist da etwa der Habicht in der Nähe? Nichts zu sehen. Aber nicht viel später rufen auch die überhin fliegenden Nebelkrähen (Corvus cornix) recht intensiv. Vielleicht ist doch was im Busch. Nichts. Ich versuche die Rufe der Habichte nachzuahmen. Eichhörnchen reagieren direkt verängstigt und setzten sich mit über den Kopf geschlagenen Schwanz in die Sicherheit unter tiefbeastete Kiefern. Das war aber auch schon die einzige Reaktion. Es ist erst 12:00 und ich bin schon echt bedient. Wie doch der Mut sinken kann. Ich döse ein wenig im Stuhl. Vogelstimmen, ich meine es wären aufgeregte Vogelstimmen gewesen, lassen mich aufschrecken. Nichts, nur ein verängstigtes Eichhörnchen sitzt mit über den Kopf geschlagenen Schwanz auf einem Zweig in der Sicherheit zweier Kiefern. Es ruft sehr seltsam. Fast wehklagend. Hat da etwa der Habicht während einer kleinen Unachtsamkeit meinerseits einen Artgenossen geschlagen? Und ich habe es nicht bekommen? Es ist nun fast 13:00 und ich habe immer noch keinen einzigen Schuß abgegeben. Ich bin schon ziemlich frustriert. Plötzlich fliegt ein Vogel ein. Direkt über dem Luderplatz auf einem Kiefernast. Ja, gebändert ist er. Groß auch. Wow, das ist doch tatsächlich das Weibchen vom Northern Goshawk, Habicht. Phantastisch. Ein Traum. Vorsichtig äugt sie nach unten und sucht den Waldboden nach Unbekanntem ab. Vorsichtig probiere ich mal ein Belegfoto mit meiner Pocketkamera. Das klappt sogar ganz gut. Mir ist klar, daß ein Schwenk mit dem Objektiv aus der Hütte heraus wohl das sofortige Wegfliegen des Northern Goshawk, Habicht provozieren würde. Diese Warnung bekommt man direkt von Ole verpasst: Habicht! OK, lass ihn warten, bis er zu fressen anfängt. Dann starte im One Shot-Modus in Kombination mit dem Silent Mode. Ich brauche nicht lange zu warten. Nachdem auch der Luftraum gesichert wurde, mehr hüpft als fliegt die Habichtdame herunter auf den mit Moos präparierten Tisch mit dem Moorschneehuhn. Direkt fängt sie an zu fressen. Der Habicht steht anfangs noch etwas nervös auf den Köder, zupft ein wenig an dem Luder, schaut sich um. Die Luft scheint rein zu sein. Das Habichtweibchen schluckt den ersten Bissen und ich weiß, ich muß mich nicht beeilen. Super, ich halte vorsichtig mit meiner EOS 5 D Mark III im Silent Modus drauf. Dann auch mal mit der EOS 1 DX ebenfalls im Silent Modus. Bei der Begeisterung fällt mir glatt der Lautsprecher vom MP 3 – Player aus der Weste. Das beeindruckt den gar nicht. Genauso wenig als ich den langsamen Silent Modus an der 1 DX ausschalte und auf langsame Dauerauslösung schalte. Einmal teste ich das Canon EF 4,0/600 und dann wieder das Sigma 2,8/70-300 Zoom. Dieser Vogel ist wunderschön, geradezu atemberaubend. Sanften Grau- und Brauntönen mischen sich; der Rücken sieht geschuppt aus. Die Kombination mit dem Kiefernwald ist umwerfend. Auffallend sind die langen kräftigen Beine, die ein geradezu ins Auge springendes Gelb aufweisen. Das Auge ist ebenfalls gelb und in dem Grau und Braun ein perfekter Haltepunkt für den Autofokus. Der Habicht frißt nun ohne Hast aber mit Appetit an dem Schneehuhn. Plötzlich kommt Bewegung in die Szenerie. Ein Angriff! Es ist das Männchen, das sich auch am Beuteverzehr beteiligen will. Die Habichtdame mantelt aber sofort den Köder ab und das Männchen muß auf dem gleichen Kiefernast zusehen, wo anfangs das Weibchen gesessen hatte. Nach einer Weile fliegt das Männchen weg. Schade, eine kleine Auseinandersetzung zwischen den Geschlechtern hätte ich auch noch fotografieren können. Interessant ist, daß nach einem Schreckmoment alle Singvögel wieder da sind und an den ausgelegten Körnern naschen, als würde nicht wenige Meter weiter ein furchterregender Beutegreifer sein Mahl verzehren. Es dauert gut 2 Stunden bis das Moorschneehuhn so weit zerlegt ist, daß es immer wieder hin und her gewendet werden kann. Die Drähte, die es an dem Tisch fixieren, scheinen aber immer noch zu halten. Es ist die richtige Tageszeit für die Waldfotografie. Trotzdem sollte man nicht zu viel erwarten bzgl. der Lichtausbeute und ich fotografiere – wenn immer der Habicht mal still hält – mit höchstens 1/125 sec, wenn nicht sogar noch weniger. Die Ausbeute wird es noch zeigen, was wirklich richtig war. Ein toller Regen löst einen wunderschönen Nachmittagssonnenschein ab. Die Regentropfen im Gefieder geben einen besonderen Touch. Dann wieder kommt die Sonne heraus. In Norwegen hat man alle Niederschlags-Möglichkeiten an einem Tag. Schließlich – so gegen 15:45 – hat sich das Habichtweibchen so intensiv mit der Beute befaßt, daß die Reste vom Moorschneehuhn frei zu bewegen sind. Kurz wird noch auf den Tisch gekotet und schon fliegt das Weibchen mit den Resten der Beute auf und davon. So richtig gemütlich scheint dieser Platz nicht gewesen zu sein. Was bleibt ist ein mit weißen Federn bedeckter Ludertisch, der nun wieder so einsam und verlassen aussieht, wie ich ihn heute Morgen vorgefunden habe. Wow, was für eine Fotosession. Ich habe insgesamt 3.505 Aufnahmen geschossen.

Bisher war bird-lens.com mit Flugaufnahmen von Habichten sehr erfolgreich. Um aber auch Fotos von fressenden Habichten bieten zu können und die wachsende Nachfrage nach Top- Aufnahmen der selteneren Arten der Paläarktis befriedigen zu können, hat Bird-lens.com gezielt Reisen u.a. an entfernte Orte wie zum Küstenregenwald in Mittelnorwegen unternommen. Dies alles um exzellente Fotos der Vögel der Westpaläarktis dem interessierten Vogelbeobachter oder Bilder-Nutzer anbieten zu können. Die Ausbeute an Bildern auch von seltenen westpaläarktischen Vögeln ist sehr gut. Die schönen Bilder, die Sie in der Galerie sehen, sind nur ein erster Eindruck, was Sie in hinter dem Reiter “Picture- Shop”  sehr bald finden werden. Geben Sie einfach Bescheid, wenn Sie das Bild einer Vogelart benötigen, bevor die neuen Bilder online sind.

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