Lohnt Ägypten eigentlich als Birding-Ziel?

Ziel einer Reise im April war es, Ägypten nach langer Zeit wieder zu besuchen, um einerseits die Vogelliste der Westpaläarktis abzurunden und andererseits den Vogelzug entlang des Nils zu beobachten. Bei unseren vorherigen Aufenthalten waren wir überwiegend am Roten Meer gewesen. Einen ausführlichen Tripreport über das Niltal im April gibt es hier!

Eine Triplist von 96 Arten nach diesen gut 2 Wochen ist natürlich nichts zu dem, was ich sonst so gewohnt bin.

Der Vogelzug entlang des Nils entsprach insgesamt nicht meinen Erwartungen. Im Vergleich zum Trip ans Rote Meer im Mai 2005 mit seinen 119 Arten habe ich sogar 23 Arten weniger gesehen. Von den Massen an Schwalben (vor allem Rauch- und Uferschwalben), dem guten Zug an Bienenfressern (Merops apiaster) sind nur die überraschenden Sichtungen der – doch nicht wenigen – Waldlaubsänger (Phylloscopus sibilatrix) einem guten Zuggeschehen zuzuordnen.

Der Schafstelzenzug (Motacilla flava) bzw. Yellow Wagtail dagegen war recht mau. Und ein Grauschnäpper (Muscicapa striata) bzw. Spotted Flycatcher, 1 Gartenrotschwanz (Phoenicurus phoenicurus), 2 Braunkehlchen (Saxicola rubetra) und 1 Steinschmätzer (Oenanthe oenanthe) sind nicht direkt etwas, was man von Hotspots in einem Zugkorridor erwarten würde.

Um Wüstenvögel in der Westpaläarktis zu sehen, gibt es wohl auch bessere Länder als Ägypten. Der Zugang zur Wüste vom Niltal aus ist anscheinend doch recht restriktiv; nicht so restriktiv wie am Roten Meer. Aber eben auch nicht einfach. Das Thoska Chanal im New Valley Governorate hat sicher Potential. Der Zugang wird aber offensichtlich vom Militär sehr eng gehandhabt.

Um die Westpaläarktis-Liste abzurunden ist der Süden Ägyptens auf der anderen Seite ein Muss. Da war ich mit Nimmersatt (Mycteria ibis), Braunkehl-Uferschwalbe (Riparia paludicola) und Rosapelikan (Pelecanus onocrotalus) auch leidlich erfolgreich. Auf der anderen Seite werden noch solche afrikanische Arten wie Brillentaube (Streptopelia decipiens), Dreibandregenpfeifer (Charadrius tricollaris) und Afrikascherenschnabel (Rynchops flavirostris) als Möglichkeit für Süd-Ägypten genannt.

Für die Brillentaube datiert allerdings die letzte Sichtung laut eBird vom Anfang August 2013 von Abu Simbel, Aswan. Die letzte Beobachtung – bis auf eine eher fragwürdige Meldung vom 23 Jun 2022 von den Pyramiden von Giza – vom Afrikascherenschnabel datiert ebenfalls von Anfang August 2013.

Einzig der Dreibandregenpfeifer, dessen letzte Meldung vom 20. März 2023 von einem sehr zuverlässigen Ornithologen, Ismael Khalifa, kommt, dürfte weiterhin als einigermaßen mögliche Afrika-Spezialität gelten. Bei 3 Besuchen an den Amun Tot Fish Ponds konnten wir diesen Regenpfeifer aber nicht entdecken.

Das oben Gesagte gilt für den Wüstenuhu (Bubo ascalaphus) nicht. Sein Verbreitungsgebiet erstreckt sich regulär auf den Süden der West-Paläarktis. Dessen – angeblich zuverlässiger – langjähriger Einstand am Abu Simbel Tempel scheint inzwischen aber verlassen. Dort war nur noch der Turmfalke (Falco tinnunculus) zu finden.

Der Umstand, daß es nicht besonders viele Trip Reports für Süd-Ägypten bei CloudBirder gibt, ist kein Zufall. Es sollte dem Beobachter in spe zu denken geben.

Aber natürlich: die Qualität der Arten generell auf diesem Trip kann sich sehen lassen. Richtig bemerkenswert sind natürlich die vielen guten Fotos vom Pharaonenziegenmelker (Caprimulgus aegyptius) und die Beobachtungen von Malabarfasänchen bzw.

Indiensilberschnabel (Lonchura malabarica) und der Braunkehl-Uferschwalbe (Riparia paludicola). Letztere beide Arten scheinen als Exoten zu gelten und sind auch 4 Wochen nach Eintrag (mit Foto) immer noch nicht von eBird freigegeben.

Auf der anderen Seite tauchen in der Aswan-Liste Arten wie die Spatelraubmöwe (Stercorarius pomarinus) vom 28. April 2023 vom Abu Simbel Tempel auf. Eine sorgfältigere Betreuung von Seiten eBird wäre sicher hilfreich. Das gilt insbesondere auch für insgesamt 65(!) Meldungen von einem Beobachter vom 4. Mai, die viele, viele „Spezialitäten“ beinhalten. Alle sind mit einer Sichtung von einem Exemplar angegeben; in der Fülle und Zusammensetzung der Artenliste sind die Meldungen nicht nur fragwürdig, sondern unglaubwürdig. Ob die Meldung der Nubiennachtschwalbe bzw. dem Nubischen Ziegenmelker (Caprimulgus nubicus) – angeblich vom 15. Februar 2016 vom Aswan High Dam realistisch ist, oder einfach eine Fehlbestimmung – ggf. mit einen „normalen“ Ziegenmelker (Caprimulgus europaeus) auf dem Durchzug, kann ebenfalls nicht geprüft werden.

Um es versöhnlich zu sagen: Für die Fotografie von Weißflügel-Seeschwalben (Chlidonias leucopterus), Senegaltriel (Burhinus senegalensis) und Moorente (Aythya nyroca) lassen sich wohl so einfach keine Alternativen in der Westpaläarktis finden.

Im Vergleich zu den vorangegangenen Trips nach Ägypten konnte ich die Liste für Ägypten immerhin noch mal um 27 Arten von 151 auf 178 steigern. Das reicht immerhin für Platz 18 der Ägypten-eBirder. Ägypten ist trotz der oben erwähnten Einschränkungen eines der Top -Birding-Destinations gerade für die (afrikanischen) Besonderheiten der westpaläarktischen Arten.

Um die wachsende Nachfrage nach Top- Aufnahmen der selteneren Arten der Paläarktis zu bewältigen, ist Bird-lens.com bestrebt, das Spektrum der Bilder von Vögeln der Westpaläarktis weiter auszubauen. Trips zu abgelegenen Orten, um Bilder von seltenen Vögeln der Westpaläarktis zu machen, waren sehr erfolgreich. Dieses schöne Bild des Blogs ist nur ein erster Eindruck, was Sie in der Galerie im “Picture Shop” sehr bald finden können. Hinterlassen Sie doch einfach eine Nachricht, wenn bird-lens.com mit einem Bild dienen kann.

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