Am östlichen Ufer des Cildir Gölü (Türkei) zum Vogelzug

WendehalsEs dämmert, als ich den Cildir Gölü, den Cildir See, halb umrundet habe. Beim Schild mit dem Hinweis Akçakale fahre ich in einen verschlafenen Ort und passiere ein Ausflugslokal mit einigen Möwen und vor allem 2 jungen – wohl zahmen – Krauskopfpelikanen (Pelecanus crispus). Die Krauskopfpelikane muß ich natürlich fotografieren. Dann bin ich auch schon über den Damm auf die Insel im Çıldır See gefahren. Von dem Damm kann ich Blässhühner (Fulica atra) und Armeniermöwen (Larus armenicus) sowie Lachmöwen (Larus ridibundus) sehen & fotografieren. Die Picknick-Plätze auf dem Inselchen sind noch menschenleer. Das ist schön. Bei traumhaftem Wetter fahre ich die Insel auch im hügeligen Gelände ab. Die Sonne kommt gerade erst hinter den östlich gelegenen Bergen hervor. Auf dem hügeligen Gelände sind erstaunlich viele – wohl alles junge – Rohrweihen (Circus aeruginosus) unterwegs. Sie suchen das Gelände intensiv im Suchflug ab. Aber auch 2 Falken-bzw. Mäusebussarde (Buteo buteo vulpinus) sind zu sehen. Direkt am Anfang fotografiere ich einen Schmätzer, den ich anfangs für ein Schwarzkehlchen (europ.) (Saxicola rubicola) halte. Die weiße Kehle ist verräterisch. Allerdings gibt es darunter braune Sprenkel auf ockerfarbenen Grund. Es ist also – wie auch das birdforum.net bestätigt – ein junges Braunkehlchen (Saxicola rubetra).

Ich gehe nicht viel, sondern vertraue auf das Auto als Fotoversteck. Trotz – oder vielleicht gerade wegen – der frühen Morgenstunde sind schon viele still auf den Büschen (meist aus Hagebutte bestehend) sitzende Vögel zu sehen. Auffallend sind die vielen Neuntöter (Lanius collurio) (von denen ich am Schluß 25 an der Zahl notiere) und 2 Schwarzstirnwürger (Lanius minor). Dazwischen sitzt auch mal ganz still ein Wendehals (Jynx torquilla), den ich natürlich auch fotografieren muß. Auch wenn die Entfernung leider recht groß ist. So zutraulich wie die Neuntöter sind die Wendehälse halt nicht. Aufgrund des schlechten Lichts, fotografiere ich teils nur mit 1/40 sec. Die Bilder sind daher zu einem großen Teil verwackelt und unscharf. Ich meine die Rufe eines Steinkauzes (Athene noctua) zu hören. Aber trotz intensiver Anstrengung ist kein Kauz zu sehen. Dabei fällt mir ein, daß ich bisher noch überhaupt keine Eulen gesehen habe. Der Vogelzug ist in vollem Gange. Innerhalb weniger Minuten sehe ich insgesamt 4 Wiedehopfe (Upupa epops), die sich schön auf je einem Felsen in der ersten Morgensonne ablichten lassen. 2 Individuen sitzen direkt nebeneinander und putzen sich. Ganz nah kann ich mit dem Auto heranfahren. Ich muß allerdings ganz vorsichtig immer weiter heranfahren. Ich starte um kurz nach 6:00 als es noch dämmrig ist mit 1/125 sec. Und steigere mich sowohl bei der Belichtungszeit als auch der Blende mit fortschreitender Helligkeit. Denn dann kommt die Sonne über den Berg. Ein ganz tolles Morgenlicht herrscht nun.

Als ich um einen Busch herumfahren, sehe ich im Schatten eines Busches einen grauen, kleinen Vogel, der einen auffallenden Augenstreif hat. Die Rufe wenig später lassen dann nur einen Schluß zu: Sprosser (Luscinia luscinia) oder Nachtigall (Luscinia megarhynchos)? Für die Nachtigall ist der Vogel doch zu grau und die Brust zu stark eingedunkelt. Dann habe ich also doch tatsächlich einen Sprosser fotografiert, der im „The Birds of Turkey“ von G. Kirwan et.al. als seltener Zuggast (passage migrant in small numbers) bewertet wird. Er wird als „..seemingly very rare in East Anatolia and the eastern Black Sea Coastland“ genannt, wobei der Mangel an Beobachtern in der Gegend wohl ein Hauptgrund für die wenigen Meldungen ist. Ich kann ihn ein paar Mal belegfotografieren. Meine Versuche ihn mit dem Klangattrappe auf der Sonnen-zugeneigten Seite aus dem Gebüsch zu locken, scheitern. Der Sprosser ruft zwar eifrig, zeigt sich aber einfach nicht.

Nach gut einer Stunde – die Sonne steht inzwischen schon hoch am Himmel – verlasse ich das Gebüsch. Nun kann ich mich den anderen Vögeln auf dem Zug widmen. Die Galerie zeigt einige Vogelarten vom Cildir Gölü.

Der Çildir Gölü in der Provinz Ardahan ist mit 1.959 m NN einer der höchst gelegenen Süßwasserseen in der Türkei. Außerdem ist er nach dem Van See der größte See Ostanatoliens. Umgeben von den Bergen Kisir Dagi und Akbaba Dagi bedeckt der See eine Fläche von mehr als 120 km². Ganz in der Nähe liegen die Grenzen zu Armenien und Georgien. Es war erstaunlicherweise während unseres Aufenthalts an 3 Tagen kein einziges Boot auf dem See zu sehen. Auch Angler oder Fischer haben wir nicht notiert. Ich vermutete, daß das Wasser doch stark salzhaltig sei. Dann wieder hörte ich, daß das Wasser des Sees zur Bewässerung in der Landwirtschaft genutzt würde. Entsprechende Bewässerungssystems waren aber auch nicht erkennbar. Ein Zufluß in den See findet wohl am Westende statt, ein Teil des Seewassers fließt außerdem durch einen Bach in Richtung Schwarzes Meer ab. Der Çildir Gölü bietet mit seiner kargen Schönheit in einer offenen Hügellandschaft einen wunderschönen Anblick. Viele Touristen scheint es nicht hierher zu ziehen. Das ein oder andere Ausflugslokal am See war Anfang September verwaist; ein Restaurant am Westende nur wenig besucht.

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