Eine pelagische Woche auf den Scillys: Sturmschwalben, Skuas und Sturmtaucher

“Stormie in the slick!”, was so viel wie “Sturmvogel in Sicht” bedeutet.  Der Ruf ertönt, als eine weitere Sturmschwalbe über den Wellen hinter der MV Sapphire auftaucht, die 15 km vor der Inselkette der Scilly in die südwestlichen Ausläufer des Atlantiks hinaus tuckert. Dies ist nur einer von vielen und Teil der überwältigenden Anhäufung von Seevögeln, die ich während einer Reihe von ganztägigen Ausflüge, die von Scilly Pelagics regelmäßig im August und September organisiert und durchgeführt werden, beobachten konnte.

 

Die 2006 gegründete Organisation wird von Bob Flood und Joe Pender geleitet, um dem wachsenden Interesse an Seevögeln und der Meeresfauna in den Gewässern um die Scilly-Inseln Rechnung zu tragen. Auf diese Weise hat sich die Organisation einen sehr guten  Ruf erworben, wenn es darum geht, ungewöhnliche und begehrte Seevögel in den britischen Hoheitsgewässern zu finden.  Für alle, die den Wanderern des Ozeans ganz nahe kommen wollen, bieten die pelagischen Vögel Möglichkeiten, die von Land aus so nicht zu bieten sind. Diejenigen, die sich auf diese Reise begeben, werden immer wieder mit erstaunlichen Nahaufnahmen von Vögeln und anderen, oft atemberaubenden Beispielen des Meereslebens belohnt.  Für den passionierten Birder geht es um die “Maximierung der Chance”. Man könnte zwar argumentieren, dass vieles davon dem Zufall zu verdanken ist, aber im Fall der Pelagische Arten vor Scilly können die Chancen durch die Anwendung von Wissen, das im Laufe der Jahre durch beträchtliche Erfahrung erworben wurde, doch beträchtlich verkürzt werden. Dies führt letztendlich dazu, dass produktive Gebiete aufgesucht werden, um die Antreffwahrscheinlichkeit von Seevögeln an einem bestimmten Tag zu maximieren. Die Wetterbedingungen, die Meeresströmungen und die von den Riffen erzeugten Auftriebskräfte sind alles Faktoren, die ständig berücksichtigt werden müssen. Im letzteren Fall werden Nährstoffe und Nahrung an die Oberfläche gebracht, wobei die Pol Bank, 5 km südwestlich von Bishop Rock, und das Seven Stones Reef, 14 km nordöstlich von St. Martin’s, als Hotspots ganz oben auf der Besuchsliste stehen. Als wir am ersten Tag in südöstlicher Richtung über eine relativ ruhige und von der Sonne beschienene See am frühen Abend hinausfuhren, waren die Hoffnungen groß, die heutige Zielart zu treffen: Buntfuß-Sturmschwalbe (Oceanites oceanicus).  Dieser Vogel war bis vor kurzem der Stoff, aus dem die Träume der meisten Vogelbeobachter sind, die sowohl pelagische als auch landgestützte Seebeobachtungen durchführen. Einst vom British Birds Rarities Committee als Seltenheit eingestuft, wurde die im englischen Wilson’s Storm-Petrel genannte Sturmschwalbe 2006 von der Liste gestrichen, als die Zahl der Nachweise deutlich zunahmen. Ausschlaggebend dafür waren die frühen Hochsee-Ausflüge vor Scilly, die den wahren Status der Buntfuß-Sturmschwalbe als regelmäßiger, wenn auch seltener Herbstzügler vor Südwestengland offenbarten.

 

Ab dem Zeitpunkt, an dem wir den Hafen von St. Mary’s verließen, beginnt die Besatzung mit dem Anfüttern, dem sogenannten „Chumming“. Dies ist eine etwas unappetitliche aber effiziente Praxis, die dafür sorgt, dass ständig Futter vom Heck des Schiffes fallen gelassen oder geworfen wird, um Seevögel anzulocken. In diesem Fall sollen durch die Bereitstellung von kleinem, mundgerechten Fisch vor allem Möwen angelockt werden, die während der gesamten Fahrt an Bord bleiben und dem Schiff folgen. Die Möwen stehen zwar nicht im Mittelpunkt des Ausflugs, doch sollen sie wie eine Flagge wirken und weitere Seevögel in die Umgebung des Schiffes locken. Mit mindestens 50 großen Möwen, darunter zwei

Mittelmeermöwen (Larus michahellis) und den vielen Silbermöwen (Larus argentatus) im Schlepptau des Bootes dauert es nicht lange, bis die erste Raubmöwe auftauchte, die halbherzig die Silbermöwen und Lachmöwe (Larus ridibundus) um das Boot herum verfolgte, bevor sie nach Südwesten abzog. Dies war eine von nur einer Handvoll Skuas (Catharacta skua), die ich im Laufe der Woche zu Gesicht bekam, und eine von ihnen zog es vor, nur wenige Meter über dem Deck in der Luft zu stehen, was einen atemberaubenden, unverstellten Blick ermöglichte. Inzwischen waren auch mehrere Eissturmvögel (Fulmarus glacialis) eingetroffen, die sich für das Treiben zu interessieren schienen. Zu ihnen gesellte sich bald eine kleine Anzahl von Basstölpeln (Morus bassanus) unterschiedlichen Alters, die sich ebenfalls für das Geschehen interessierten, bevor sie abbrachen und wieder aufs Meer hinausflogen.  Wenige Minuten später wurde auf der Backbordseite ein Odinshühnchen (Phalaropus lobatus) gesichtet, der zunächst auf der Wasseroberfläche saß und auf den Wellen ritt, bevor er über den Bug hinaus aufstieg und dann über das Meer verschwand. Dies war das erste Odinshühnchen des Spätsommers/Herbstes in der pelagischen Saison auf den Scilly-Inseln.  Natürlich ist es ein Muss, sich an Bord eines Schiffes mit den grundlegenden nautischen Begriffen vertraut zu machen. Die Kenntnis des Unterschieds zwischen Bug und Heck, Backbord und Steuerbord sowie die Verinnerlichung anhand eines imaginären Uhrzeigers, um die Richtung anzugeben, kann den Unterschied ausmachen, ob man einen schnell vorbeiziehenden “Vorbeiflug” erwischt, etwas Fliegendes erahnt oder ihn ganz verpasst.

 

Sturmschwalben, Skuas und Sturmtaucher. Fürwahr, Bird-lens.com ritt so recht auf den Höhen der Wellen und trotzte den Tiefen eines erfolgreichen pelagischen Wochenendes.

 

Um die wachsende Nachfrage nach Top- Aufnahmen der selteneren Arten der Paläarktis zu bewältigen, ist Bird-lens.com bestrebt, das Spektrum der Bilder von Vögeln der Westpaläarktis weiter auszubauen. Trips zu abgelegenen Orten, um Bilder von seltenen Vögeln der Westpaläarktis zu machen, waren sehr erfolgreich. Ebenso bringen Ausflüge in die nähere Umgebung immer wieder schöne Eindrücke und manch seltene Beobachtung, die – wenn es gut läuft – auch mit Fotos gekrönt werden kann. Das schöne Bild des Blogs hätte fast sogar Eingang in eines von Bob Floods Büchern gefunden. Im Buch Multimedia Identification Guide to North Atlantic Seabirds – Vol. 4 –  Shearwaters: Jouanin & White-chinned Petrels von Bob Flood und Ashley Fisher konnte bird-lens.com immerhin mit einem Kappen-Sturmtaucher (Puffinus gravis) beim „Segeln“ in den Wellentälern bei hoher See dienen.

Das Bild der Buntfuß-Sturmschwalbe ist nur ein erster Eindruck, was Sie in der Galerie im  “Picture Shop” sehr bald finden können. Hinterlassen Sie doch einfach eine Nachricht, wenn bird-lens.com mit einem Bild dienen kann.

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