Verbreitung der Fichtenammer in der Westpaläarktis

FichtenammerDie Fichtenammer ist in Sibirien als Brutvogel des offenen Kiefernwaldes westlich bis zum Ural weit verbreitet. Dabei reicht ihr Verbreitungsgebiet zur Brutzeit nur knapp in den europäischen Bereich hinein. Nach der Brutzeit wandert die Fichtenammer im Allgemeinen weiter nach Süden durch Asien und überwintert dort auch. Auf der Insel Happy Island, dem Hotspot für die Zugvogelbeobachtung an Chinas Süd-Ostküste im Oktober konnte die Fichtenammer regelmäßig angetroffen werden.

In der westlichen Paläarktis gibt es allerdings auch Gebiete, wo sie durchaus regelmäßiger, wenn auch als lokalisierter Winterbesucher angetroffen wird. So ist sie recht regelmäßig im Winter in Nordisrael zu sehen. Tatsächlich ist Israel die Überwinterungshochburg der Westpaläarktis für die Fichtenammer. Es war hier zwar immer selten und lokalisiert anzutreffen, aber in den 1980er und 1990er Jahren gab es mehrere überwinternde Populationen, die in einigen Jahren bis zu einigen hundert Exemplare zählen konnten. Sie wurden vor allem um den Mount Hermon gefunden. Seit dieser Zeit sind die Zahlen erheblich zurückgegangen. Während traditionelle Refugien immer noch jeden Winter einzelne Individuen beherbergen, ist die Gesamtzahl doch deutlich geringer geworden. Außerdem ist ein Großteil des Mount Hermon aus Sicherheitsgründen nicht mehr zugänglich. Es gibt auch Aufzeichnungen aus Syrien und in den letzten Jahren aus Aserbaidschan.

Die Fichtenammer gilt als seltener Überwinterer in Italien (hauptsächlich in der Toskana) und als noch seltener im Süden Frankreichs. Interessant ist, dass Fichtenammern im 20. Jahrhundert ein kleiner, aber durchaus vertrauter Bestandteil der italienischen Avifauna waren. Die als „ungewöhnlicher“ Zugvogel und Überwinterer bezeichneten Art wurden in den nördlichen Regionen am häufigsten nachgewiesen; leider häufig durch Fang im Netz eines Vogeljägers. Vor den frühen 1970er Jahren waren Fichtenammern von Zeit zu Zeit im Angebot auf den Stadtvogelmärkten vertreten. Die italienischen Nachweise ließen danach im Einklang mit dem schwindenden Handel mit Sperlingsvögeln erheblich nach. Erst 1995 wurde in einem Dünengebiet nahe der Mündung des Flusses Serchio in der Toskana plötzlich bis zu 50 überwinternde Indiviuden festgestellt.

Bis 2001 wurden zwei weitere Überwinterungsgebiete entlang der toskanischen Küste bekannt. Hier trafen Vögel in der ersten Novemberwoche ein verweilten bis Anfang März. Regelmäßige Wintersichtungen liefen ab ca. 2005 aus, obwohl im Winter gelegentlich noch eine geringe Anzahl an anderen Orten in Norditalien anzutreffen war. So wurden noch einzelne Fichtenammern in Venetien bzw. im Piemont gesehen. Als der bevorzugte Überwinterungslebensraum in der Toskana stellten sich relativ flache Küstendünen heraus, die zwar lang, aber schmal sind und in deren Nähe Kiefern standen. Diese entsprechen den in den sibirischen Brutgebieten genutzten Lebensräumen wohl am ehesten. Auch der Insel Happy Island wurde die Fichtenammer – wie auch auf dem Bild des Blogs zu erkennen – vor allem im Sand in niedrigen Dünen entdeckt.

Auch die Camargue, in Frankreich, galt bis ca. 2005 als ein weiteres erstklassiges europäisches Überwinterungsgebiet für Fichtenammern. Einige Vögel wurden in der Nähe von Arles entdeckt. Diese regulären Einflüge haben sich aber zwischenzeitlich erledigt und die Art hat nun ihren früheren Status als sehr seltener Irrgast im Land wiedererlangt hat.

In anderen Ländern Europas bleibt die Fichtenammer ein seltener Irrgast, obwohl sie sicher in einigen der am dünnsten besiedelten Länder Süd-, Mittel- und Osteuropas möglicherweise unterbewertet ist. Zum Beispiel war es reiner Zufall, als die Anwesenheit eines Trupps von 12 Vögeln im Troodos-Gebirge auf Zypern im Dezember 2003 entdeckt wurde. Isoliert auftretende Irrgäste werden auch jedes Jahr im Winter in den Niederlanden und in Deutschland gemeldet.

Die Populationsentwicklung der Fichtenammer ist kaum bekannt, aber es gibt keine offensichtlichen Anzeichen für einen Rückgang oder eine klare Erklärung für den Rückgang der Zahlen, die Europa in den letzten Jahren verzeichnet. Alle Zahlen spiegeln einen starken Rückgang der Wintervorkommen in der westlichen Paläarktis wider, was durchaus auf einen Rückgang der Bruten im Westen des Verbreitungsgebiets der Art hindeuten könnte, aber auch durch eine Verschiebung des Überwinterungsgebiets von Fichtenammern erklärt werden könnte. Es kann sein, dass die dahinter liegenden Trends auf absehbare Zeit nicht wirklich verstanden werden. Die Beobachterabdeckung in weiten Teilen Osteuropas, des Nahen Ostens und Zentralasiens bleibt dazu viel zu gering.

Leider sind Goldammern (Emberiza citrinella) selbst in der deutschen Landschaft weitaus seltener anzutreffen als früher. Aber in einigen Gebieten versammeln sich immer noch beträchtliche Zahlen. So wurde Mitte Januar 2021 mehrfach ein heller Ammernvogel – wohl eine Fichtenammer – zwischen ca. 400 Goldammern, 4 Grauammer (Emberiza calandra) sowie vielen Finken (Buchfinken (Fringilla coelebs), Grünfinken (Chloris chloris), Grünfinken (Carduelis chloris) und Stieglitze (Carduelis carduelis)) und Feldsperlingen (Passer montanus) gesehen. Allerdings waren alle Ammern sehr mobil und meist weit von den Beobachtern entfernt.

Plätze, die Finken und Ammern anziehen, sind wohl der beste Ort, um nach einer umherirrenden Fichtenammer zu suchen. Sie ist eine Rarität, die das Potenzial hat, in den ruhigeren Wintermonaten an einem scheinbar uninspirierenden Ort im Landesinneren aufzutauchen und den Birder die Augen leuchten zu lassen. Es könnte sich also lohnen, Anstrengungen zu unternehmen, um jede größere Ansammlung von Ammern näher zu untersuchen, auf die man das Glück hat, zu stoßen.

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