Ein Holzstamm entpuppte sich beim Sägen im Winter als innen hohl. Das könnte doch ein künstlicher Brutplatz werden – sagte ich mir. Nach einigen Monaten hatte sich immer noch kein Singvogel näher für den alten Baumstamm einer Kiefer interessiert. Vielleicht wollte man ihn nicht als Nistplatz nutzen da er doch vielleicht zu nah an einer Mauer stand und eventuell Prädatoren nicht zuverlässig genug vom Plündern des Nests abhalten würde. Anfang Mai erschien dann aber doch ein Pärchen des Gartenrotschwanzes (Phoenicurus phoenicurus). Eines Tages Anfang Mai (so in der 1. Dekade) konnte man auf einmal ein Moos-Gras-Büschel im Eingang entdecken. Am nächsten Morgen war das Weibchen eifrig dabei, immer wieder abgebrochene, trockene Grashalme heranzuschaffen. Auch war mal ein Teil einer Birkenrinde oder auch meine Feder zu sehen, die eingetragen wurden. So konnte ich schön den Nestbau beobachten und dann eben auch fotografieren. Immer wieder schön war der Anflug des Weibchens zu sehen. Als Ausgangspunkt wählte es eine Backsteinmauer. Hier konnte man sich beim Auslösen der Kamera bereit machen, um den Anflug fotografisch festzuhalten. Das stellte natürlich trotzdem eine gewisse Herausforderung dar, die ich dann schließlich zusammen mit dem Wireless File Transmitter WFT-E9 auch gemeistert habe. Das Männchen war übrigens die ganze Zeit in der Nähe. Im Gegensatz zum Weibchen flog es aber nur erratisch und war daher mit der weiter unten beschriebenen Prozedur nicht zuverlässig abzulichten.
Zuerst löste ich direkt an der Kamera aus. Aber der Anflug des Vogels stellte doch zu große Anforderungen an den Auto Fokus und auch an die Reaktionsfähigkeit sowohl des Fotografen als auch der Kamera. So änderte ich auf das oben beschriebene Hilfsmittel. Die Remote-auslösung über Laptop und den Canon Wireless File Transmitter WFT-E9. Das hatte auch den Vorteil, das dann über LiveView mit 20 Bildern/ sec. ausgelöst wird. In den Bruchteilen von Sekunden beim Anflug ein nicht zu unterschätzender Vorzug.
Ich beschloß also wieder mal die Fernaufnahme-Potentiale der EOS 1 DX Mark III zu nutzen. Die prinzipielle Vorgehensweise habe ich schon mehrere Male u.a. im Blog u.a. über die Singdrossel (Turdus philomelos) beschrieben. Ich stelle also wieder die Canon EOS-1DX Mark III mit dem Canon EF 600/4.0 L IS II USM – später das EF 400/2.8 L IS II USM – auf ein Gitzo GT3542 XLS Systematic mit einem Kugelkopf, dem FlexShooter Pro Lever Black. Der Vorteil des Gitzo GT3542 XLS Systematic ist, dass man es bis auf 180 cm ausziehen kann, ist ja bekannt. Nun wurde noch schnell die Steuerung über den WFT-E9 aktiviert, der Kontakt mit dem Laptop hergestellt und schon konnte ich in EOS-Utility das Geschehen am aufgehängten Holzstamm verfolgen. Zum Scharfstellen ging ich wie auch schon bei den Aufnahmen der Winterfütterung vor. Ich fokussierte im AF-Modus auf einen markanten Punkt – in dem Fall auf das Einflugloch – und stellte dann auf Manual Fokus um. Dann adjustierte ich mit der Feinsteuerung etwas vor diesen Punkt, unm den Rotschwanz auch wirklich im Flug vor! dem Eingang zu erwischen.
Ich verfolgte alles aus dem Dunkeln des Hausflurs. Und wenig später schon konnte ich das Weibchen vom Gartenrotschwanz wieder vor dem Nestloch sehen. Sie war ausgesprochen aktiv auf innerhalb der Höhle, wendete sich mal, mal da hin, wie man an den Bewegungen im künftigen Nest erahnen konnte.
Zuerst steuerte ich indirekt an über das hauseigene Netz, d.h. über die FritzBox. Ich beobachtete allerdings, dass es eine gewisse Verzögerung gab. Wenn das Weibchens von seiner Mauerkante aus startete, mußte man nämlich schon ausgelöst haben, da man sonst nur wieder den roten Schwanz im Einflugloch verschwinden sah. Deswegen wechselte ich auf die direkte Ansteuerung bei der die Kamera als Hotspot benutzt wird. Die Auslöse-Verzögerung konnte dadurch doch reduziert werden und es gelangen mehr Fotos des an- und abfliegenden Weibchens.
Übertriebene Erwartungen darf man natürlich trotzdem nicht hegen. Von 1.658 Bildern dieser (ca. 2-stündigen) Session waren nur 462 akzeptabel. Und nur 30 erfüllten sehr gute Anforderungen; was sowohl die Schärfe als auch die Position – insbesondere im Flug – erfüllte. Im Nachhinein stellte sich heraus, dass die überwiegende Anzahl der akzeptablen Fotos mit dem Canon EF 400/2.8 L IS II USM (nämlich 364 Fotos) während nur 98 Fotos mit dem Canon EF 600/4.0 L IS II USM geschossen wurden. Im Grunde fingen die guten Fotos erst bei 1/1000 sec. An und die Mehrzahl der Fotos konnten die 1/1.600 sec. gut vertragen. Eine höhere Blende und noch kürzere Verschlußzeiten wären sicher hilfreich gewesen. Aber bei dem bedeckten Himmel war an Blende 4,0 oder gar 5,6 genauso wenig wie an 1/3.200 sec. zu denken. Die ASA- Zahlen bewegten sich sowieso im Bereich der 1.600 ASA aufwärts. Das Korn mußte dann sowieso in Lightroom/ Photoshop „behandelt“ werden. Zur Scharfstellung habe ich die prinzipielle Vorgehensweise schon weiter oben erläutert. Sicher wäre es hilfreich, man würde sich mit unterschiedlichen Feinjustierungen der bevorzugten Flugbahn nähern. Das hätte allerdings den zeitlichen Rahmen und auch die Anzahl der Aufnahmen noch einmal deutlich nach oben ausgeweitet.
Das Männchen war dabei die ganze Zeit gut zu beobachten; allerdings beaufsichtigte es nur den Fortgang des Nestbaus und beteiligte sich aktiv nicht beim Eintragen des Materials geschweige denn beim Nestbau. Ab und zu sah man ist zwar kurz den Holzstamm anfliegen aber nach meiner Beobachtung wurde nie mit Material eingetragen. Zu hören und zu sehen war das Männchen allerdings immer wieder gut. Es achtete peinlich darauf, dass andere Vögel, wie z.B. eine Blaumeise (Cyanistes caeruleus) sich nicht zu nah dem potentiellen Nest näherten.
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