Ein offener Bergwald, der gerade den Winter mit hohen Schneelagen überstanden hat. Balkanbuchen (Fagus moesiaca) und Berg-Ahorn (Acer pseudoplatanus) dominieren den Wald; jetzt noch unbelaubt. Dazwischen ein paar imposantee Schwarzkiefern (Pinus nigra). Eine Zeit lang hatten wir uns den Wanderweg hinaufgekämpft, immer wieder unterbrochen von knöcheltiefen Schneefeldern. Dann, auf etwa 1.650 m Höhe, ist deutlich das Quieken eines Spechtes zu hören. Das kann in diesem Habitat doch eigentlich nur der Weißrückenspecht (Dendrocopus leucotos) sein? Ich spiele die Rufe und das Trommeln vom Band ab. Und siehe da: Ein Specht reagiert auf die Rufe, der dann auch empört heranfliegt. Aber der Specht klammert sich ganz versteckt hinter Ästen an einen Baumstamm. Ich versuche es noch ein paar Mal, aber die Ergebnisse sind nicht wirklich beeindruckend. Der Weißrückenspecht bleibt versteckt, obwohl er – widerwillig – noch einige Male reagiert. Im Vergleich zu den Sichtungen im Naturpark Strandzha in Südbulgarien sind die Beobachtungen dieses Mal äußerst dürftig. Dies wird wohl an dem „falschen“ Zeitfenster liegen. Jetzt brüten Weißrückenspechte und bewegen sich nicht so viel in ihrem Revier und reagieren auch nicht so schnell auf das Abspielen der Trommel als auch des „Gesangs“ wie z.B. Ende März/April.
Weißrückenspechte stehen bei europäischen Vogelbeobachtern immer ganz oben auf der Liste. Und dieses Mal sind wir in den “Alpen” von Montenegro auf der Suche nach diesem schönen Specht. Bei schönstem Morgensonnenschein sind wir bereits durch einen sehr gut gepflegten Nadelwald entlang des Mlinski potok, eines sehr schönen und naturnahen Bergbaches gewandert. Fichten (Picea abies) und Weißtannen (Abies alba) sind hier in sehr teils beeindruckender Zahl und in einem gutem natürlichen Zustand zu finden. Immer wieder zeigen dicke Totholzstämme an, daß hier schon lange nicht mehr der Forstwirt die Regie führt. Schließlich erreichen wir einen Waldweg, der gerade erst geschottert wurde. Dieser führt dann zum Zminje-See, dem Schlangensee. Der Wald wird hier auch noch von Nadelbäumen dominiert. Nördlich des Sees geht es dann in ein strenges Waldreservat, dem Crna poda. Hier sollen die Bäume über 400 Jahre alt und über 50 m hoch sein. Das sehe und interpretiere ich nicht unbedingt so, als wir nach einer kurzen Rast auf einer Bank inmitten eines Schneefeldes weitergehen und den Schlangensee links liegen lassen. Aber das Reservat besteht nach einer Weile und einem Aufstieg tatsächlich hauptsächlich aus Schwarzkiefern (Pinus nigra) und Balkanbuchen (Fagus moesiaca). Umso höher man kommt, desto mehr Laubbäume sind zu erkennen.
Je höher man kommt, desto kleiner werden die Schneefelder, da diese Stellen stärker der Sonne ausgesetzt sind. Zwischendurch sind viele Singdrosseln (Turdus philomelos) und Buchfinken (Fringilla coelebs) zu hören, und auch ein Rotkehlchen (Erithacus rubecula) lässt sich wieder blicken. Eine Zeit lang hatten wir uns den Wanderweg hinaufgekämpft, immer wieder unterbrochen von knöcheltiefen Schneefeldern. Dann, auf etwa 1.650 m Höhe, ist es dann so weit. Deutlich über vergleichbaren Vorkommen in den Alpen ist das Quietschen des Spechtes zu hören.
Montenegro ist ein – vogeltechnisch – noch sehr wenig bekanntes Land. Erst in der letzten Zeit gibt es Versuche, so etwas wie ein Inventar der Vogelarten und deren Vorkommen und Habitatansprüche aufzustellen. Die verfügbaren wissenschaftlichen Erhebungsdaten deuten aber darauf hin, dass Weißrückenspechte praktisch alle Buchenwaldgesellschaften des Landes bewohnen. Nach aktuellen wissenschaftlichen Populationsschätzungen beherbergt Montenegro einen bemerkenswert hohen Anteil der Balkan-Unterart lilfordi. Auch wenn der Weißrückenspecht in Montenegro zwischen 760 m NN (u.a. am Kloster (Manastir) Morača in der Morača-Schlucht) und mehr als 1.800 m NN, z.B. in Desina Gora im Bjelasica-Gebirge vorkommt, finde ich den Fund im Durmitor-Gebirge doch in rechter bemerkenswerter Höhe. Das Umfeld und der Lebensraum kommen mir aber sehr gut bekannt vor. So sieht es auch in den „guten“ Gebieten in den österreichischen oder slovenischen Alpen aus. Auch in den Karpaten der Slowakei kann man eine ähnliche Habitatsstruktur vorfinden.
Das Vorkommen des Weißrückenspechts variiert in Montenegro von geringen Dichten von 0,35 – 0,41 BP/10 km² in Wäldern, in denen die Buche nur einen kleinen Teil des Baumbestandes ausmacht (z. B. Ljubišnja, Kričak) bis zu 12,7 – 13,1 BP/10 km² in Gebieten, in denen ausgewachsene Buchenbestände vorherrschen – z. B. in der Morača-Schlucht oder im Bjelasica- und Kuči-Gebirge. Hohe Populationsdichten sind nach den vorliegenden wissenschaftlichen Erkenntnissen im europaweiten Vergleich auf dem Gebiet von Montenegro relativ häufiger und würden damit zu den höchsten in Europa gehören. Das konkrete Vorkommen hier im strengen Waldreservat Crna poda scheint nicht zu den Spitzengebieten zu gehören. Die Autoren einer wissenschaftlichen Studie schreiben selbst, dass die Vorkommen des Weißrückenspechts in Montenegro mit den Dichten in Nationalparks, Waldreservaten und anderen Schutzgebieten in den italienischen und österreichischen Alpen sowie in den borealen Wäldern Lettlands vergleichbar sind. Die durchschnittlichen Dichten in Mischwäldern in Montenegro mit relativ geringem Buchenanteil oder mit guten, aber begrenzten Beständen an reifen Buchenwäldern wie z. B. hier in Durmitor liegen jedoch mit 3,5 BP/10 km² und 7,2 BP/10 km² eher im unteren Mittelfeld. Sie seien aber immer noch vergleichbar mit den Häufigkeiten in den besten Gebieten für diese Art in Slowenien.
Wie ich bereits erwähnte, hatte ich diese Unterart des Weißrückenspechts bereits im Naturpark Strandzha in Südbulgarien. Dies ist ein Reservat in den Hügeln, nur 15 km Luftlinie von der türkischen Grenze entfernt. Silkosia liegt 2 km nördlich des Dorfes Kosti und 1 km östlich des Dorfes Bulgari. In dem Reservat wurden rund 260 Arten von Landpflanzen gefunden. Es bewahrt die typischste und älteste Orientalische Buche (Fagus orientalis), einen Laubbaum, der von der Zielart, dem Weißrückenspecht (Dendrocopus leucotos lilfordi), bevorzugt wird.
Um der wachsenden Nachfrage nach Top-Aufnahmen der selteneren Arten der Paläarktis gerecht zu werden, ist Bird-Lens bestrebt, das Angebot an Bildern von Vögeln, die in der Westpaläarktis zu finden sind, zu erweitern. Reisen zu abgelegenen Orten wie diesem, um Bilder von seltenen Vögeln der Westpaläarktis zu machen, waren sehr erfolgreich. Obwohl das schöne Bild des Blogs nicht im Durmitor NP sondern im Naturpark Strandzha/Bulgarien aufgenommen wurde, werden Sie in der Galerie im “Picture Shop” sehr bald viele neue Bilder finden. Geben Sie einfach eine Nachricht, wenn bird-lens.com Ihnen mit einem benötigten Bild dienen konnte, bevor die neuen Bilder online sind.
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