Kleiber an Nisthöhle in Estland

Kleiber (europ.)In dem baltischen Staat Estland mit seiner flachen Topographie ist ein wild schäumender Fluß eine Seltenheit. Die Meldung auf der lokalen Birderplattform für Estland, daß hier eine Zitronenstelze (Motacilla citreola) gesichtet worden, war, machte daher neugierig. Nach einem erfolgreichen Foto-Shooting der Doppelschnepfe (Gallinago media) in der Nähe von Haapsalu wartete ein Aufenthalt im Lahemma NP auf mich. Bei einem Besuch des alten Wasserkraftwerks von Kunda können wir wunderschön ein Paar des Kleibers (Sitta europaea) an seiner Bruthöhle beobachten.

An einem Park mit seinem Clubhaus parken wir den Wagen. Wir laufen durch den anständig mückenverseuchten Park. Der Kunda Hydro-electric Dam ist wirklich sehenswert. Eine tief eingeschnittene Schlucht und ein aufgestauter Fluß der vormals auf natürliche Weise einen recht anständigen Höhenunterschied überwand. Na, gut. Nur so macht ein Wasserkraftwerk Sinn. Eine sehr schön ausgebaute Stahltreppe geht herunter auf das nicht mehr in Gebrauch befindliche Kraftwerk. Sehr sehenswert. Wir sehen von der Staumauer nicht nur einen Gänsesäger (Mergus merganser), sondern auch Flußuferläufer (Actitis hypoleucos). Angeblich soll hier die Zitronenstelze (Motacilla citreola) brüten – was ich nun angesichts der konkreten Habitatverhältnisse seltsam finde. Eine Überraschung – oder auch nicht – ist dann eine Gebirgsstelze (Motacilla cinerea). Ja, die wäre in Deutschland ja auch zu erwarten. Plötzlich kommt ein kleiner grauer Vogel angeflogen und verschwindet in einem Loch in einem gar nicht so dicken Baumstamm direkt in Augenhöhe des Standorts auf der Mauer des Kraftwerks. Ich widme mich bei der weiteren Suche einem Nest des europ. Kleibers (Sitta europaea). Die beiden Altvögel, die im Vergleich zu den mitteleuropäischen Vögeln sehr hell wirken, bringen in kurzen Abständen Nahrung zum Nest. Der Schnabel ist immer gut gefüllt mit Schmetterlingsraupen, Eintagsfliegen, Schnaken. Das Weibchen kommt während der Beobachtungsdauer auch mindestens zweimal mit einem weißen Kokon aus dem Nest zurück. Nach jeder Fütterung wartet der Altvogel in der Nisthöhle ab, ob ein Nestling Kot abgibt. Dann nimmt der Altvogel die Kotballen, die in einer dünnen Haut (dem Kokon) verpackt sind, mit. So wird die Nisthöhle saubergehalten und das entstehende Gefieder der Jungvögel kann nicht verkleben. Aus den Kotresten resultierende Krankheiten werden so vermieden. Vor allem das Weibchen sichert meist eine ganze Weile am Nestausgang und schaut sich um. Den Zeitpunkt des Abflugs abzupassen und auch noch zu fotografieren ist gar nicht so leicht. Es ist auch gar nicht so leicht, überhaupt die an – und abfliegenden Vögel gut zu erwischen.

Der Kleiber ist ein Höhlenbrüter. Eigentlich ist er ein Vogel der Wälder mit alten Baumbeständen. Nicht nur in naturnahen Wäldern, sondern auch in Gegenden mit Streuobstwiesen, wo es ebenfalls viele alte Bäume gibt, findet er reichlich Gelegenheit, seine Jungen aufzuziehen. Auch hier in dieser dicht bewachsenen, steilen Schlucht gibt es natürliche Baumhöhlen oder auch Spechthöhlen. Der Nestbau beginnt oft schon im März.  Dabei polstert das Weibchen, die Nisthöhle mit Rindenstückchen, Grashalmen, Federn oder Haaren aus. Von April bis Mitte Mai werden dann die 5 bis 9 Eier fast 3 Wochen lang bebrütet und  die geschlüpften Jungvögel nochmals etwa drei Wochen gefüttert. Die Jungen fliegen dann im Juni aus.

Die Jungvögel werden mit Insekten und deren Larven sowie mit Spinnen gefüttert. Diesen Zeitpunkt habe ich wohl in Estland erwischt. Später, also nach ca. zwei Wochen, kommen die Jungvögel erstmals zum Füttern an das Einflugloch und erwarteten dort ihre Eltern. Dann ist es erstmals möglich, einen Blick auf die Jungvögle zu werfen und man kann erkennen, daß das Gefieder noch nicht vollentwickelt ist.

Die Jungvögel reißen ihre orangefarbenen „Sperr-Rachen“ weit auf. Jede mitgebrachte Raupe oder Spinne verschwindet in Sekundenstelle. In der Phase wartet der Altvogel außen vor der Nisthöhle, ob das Junge Kot abgeben will. Dazu dreht sich der Jungvogel und streckt seinen Hinterleib nach oben.

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