Abenteuer: eine Autofahrt zum Keoladeo-Nationalpark

Indian RollerEs ist November. Diesmal steht eine Reise nach Arunachal Pradesh an. Durch Verzögerungen beim Inlandsflug sind noch 3 Tage übrig. Jetzt kann man natürlich die Zeit in Neu Delhi , der Hauptstadt Indiens, verbringen. Angeblich leben auf dem Gebiet Neu-Delhis nur knapp 250. 000 Menschen, doch sind es doch zumindest im Großraum Delhi mehrere Millionen. Natur muß da zurückstehen. Trotzdem gibt es praktisch innerhalb der Stadtgrenzen einige interessante Gebiete, wie z.B. Sultanpur, und in der Nähe befindet sich auch noch Keoladeo, ein Nationalpark im indischen Bundesstaat Rajasthan, der bereits Gegenstand eines Blogs war. Er wird auch Bharatpur Bird Sanctuary genannt. Der Nationalpark liegt nicht allzu weit südlich der Stadt Neu Delhi. Da ich schon einiges über dieses Vogelparadies gelesen hatte, entschied ich mich für das Keoladeo Ghana Bird Sanctuary.

Von Deutschland führte die Reise zuerst nach Amman, dann nach einem Zwischenstop nach Neu Delhi. Eigentlich hatte ich mit dem Hotelbesitzer des Birder´s Inn, direkt am Parkeingang gelegen, über das Internet ausgemacht, daß ich gegen einen Aufpreis vom Flughafen abgeholt werde. Als ich gegen 8:00 mit der Passkontrolle und dem Gepäck durch bin und das Geld in indischer Währung abgehoben habe, muß ich mich aber doch auf die Suche nach einem Taxi nach Bharatpur machen. Der Abholdienst mit seinem Jimney ist nämlich nicht da. Ein Taxi-Vermittler spricht mich an. Ich handle ihn auf 3.500 IR – also knapp 42,- € – für die reine Fahrt in den Süden. Dann überlege ich mir aber, dass ich doch auf der Hinfahrt sehr schön mir noch Sultanpur angucken könnte und das kostet mich dann doch wieder 5.000 IR. Wenig später kommt ein zumindest zuverlässig aussehender und Englisch sprechender Taxifahrer in einem recht neuen Tata. Beim Warten fallen mir die kleinen Mynas auf. Das sind doch nicht die mir bekannten Hirtenmaina, Acridotheres tristis. Nein, die sind ja auch grauer und kontrastreicher gefärbt. Es sind Ufermania (Acridotheres ginginianus). Wir fahren dann in dem schönsten Morgenlicht los. Immer wieder versucht der Fahrer, die beschlagenen Scheiben zu trocknen. Ich hätte nicht gedacht, daß damit so die Zeit verrinnt. Erstmal einen Zeitung kaufen zum Trocknen der Innenscheibe. Schnell kommt wir nach Gurgaon. Ich bin mir nicht sicher, ob er wirklich lesen kann und daher die Wegbeschreibung, die ich mir kopiert hatte, verstehen kann. Die ganze Zeit stehen wir im Stau. Das Wetter ist dafür sehr nett. Frisch und leicht dunstig.  Als wir endlich in Gurgaon ankommen, hält er an und erkundigt sich bei Einheimischen nach dem Weg. Dann eröffnet er mir, dass wir doch noch 45 km vor uns hätten. Das wäre mit dem Geld nicht zu machen. Leider „…. total andere Richtung“. Als er dann auch noch 2.000 RI mehr haben will, lasse ich umdrehen. Vielleicht hat er doch recht und die ganze Sache ist es auch zeitlich nicht wert. Immerhin will ich ja auch den Aufenthalt dort genießen und nicht die ganze Zeit daran denken noch über weitere vollgestopfte Straßen weitere 200km nach Bharatpur  fahren zu müssen. Außerdem würde ich so mitten in der Mittagshitze durch die Gegend laufen. An Vögeln habe ich im Vorbeifahren außer den vielen Glanzkrähen (Corvus splendens), einigen Haustauben (Columba livia)und den Hirtenmaina nichts gesehen. Ok, nun also direkt nach Bharatpur, zum Keoladeo Nationalpark. Mein Fahrer nimmt ein Abkürzung, die an einer Müllkippe vorbeiführt. Die Kippe ist in einem traumhaften Akaziengebiet gelegen. Hier befinden wir uns schon am berühmten – aber jetzt zusehends zugebauten – Dehli Rim. An einer Stelle wo ein Weg reingeht, kann ich nicht wiederstehen und lasse anhalten. Sofort sehe ich ein paar Hühner, die mich sehr an unsere heimischen Rebhühner erinnern. Das sind wohl die weitverbreiteten Wachtelfrankolin  (Francolinus pondicerianus). Die Schwarzen Milane (Milvus migrans), sind natürlich auch immer wieder in der Luft zu sehen.

Dazwischen wieder Glanzkrähen und einige Tauben. Eine kleine Taube fliegt auf als ich mich ihr nähere. Es ist eine Palmtaube  (Streptopelia senegalensis). Dann sehe ich noch einen Kotilangbülbül,  (Pycnonotus leucotis) und einen Drongo. Letzteren kann ich auch  schnell noch fotografieren als ich zum Auto zurück laufe und die Kamera hole. Wie das Foto noch zeigt, handelt es sich hier um den Königsdrongo,  (Dicrurus macrocercus). Am Himmel kommen ein paar Kuhreiher (Bubulcus ibis) angeflogen und ich scheuche erst einen dann noch einen Kiebitz auf. Letzterer ist wohl der Gelblappenkiebitz (Vanellus malabaricus), der einzige Kiebitz, der für so ein trockenes Habitat in Frage kommt und nicht so selten ist. Immer wieder hört man Tschak, tschak. Das werden wohl doch die Klappergrasmücke  (Sylvia curruca) sein denke ich mir. So ist es dann auch. Doch diese Erkenntnis bleibt mir bis zum Aufenthalt in Bharatpur verborgen. Einmal denke ich, ich kann einen Hausrotschwanz,  (Phoenicurus ochruros) kurz in einem dichten Strauch hervorlugen sehen. Es wird nun richtig warm. Also zurück zum Auto. Fast schon wieder am Auto zurück werde ich durch harte Rufe nun auf einen Laubsänger aufmerksam. Der ist aber auch echt groß. Wie die Fotos ergeben handelt es sich um einen Grünlaubsänger (Phylloscopus trochiloides) der Nominatrasse – also ohne die Flügelstreifen. Relativ groß und ein wohlentwickelter Überaugenstreif, der deutlich weiter als beim Zilpzalp in den Nacken reicht. Außerdem sieht kurz, dass der Schnabel gelblich ist und nicht schwarz. Schön ist auf einem Haufen mit Papierschnipseln noch eine Stelze im Übergangs-/ Schlichtkleid zu sehen. Es ist eine Schafstelze (Motacilla flava), die mit einem sehr zerzausten Schlichtkleid da steht.

Der Weg führt weiter auf einer leidlich befahrener Straße, die die ganze Zeit durch eine schöne Akazienlandschaft auf einem Kreidefels-Untergrund führt. Ein echter Traum und offensichtlich gar nicht so dicht besiedelt. Dann kommen wir nach Faridabad. Da sieht man doch wie dicht die Gegend besiedelt ist. Die Stadt ist proppevoll; mit Ritschas, Dreirädern, Fahrrädern, Mopeds, Bussen, LKW, Baufahrzeugen, Pferde-/Kuhkarren und Massen an Fußgängern. Wahnsinn! Dann geht es unglaublich lange immer wieder durch dicht besiedelte und verkehrsreiche Ortschaften gen Süden. Die Straße ist allerdings – das muß man sagen –teilweise außerhalb der Ortschaften ganz gut ausgebaut. So gut, dass sie sogar Maut nehmen. Zwischendurch lassen ich ihn mal anhalten, weil ich den Durst einfach nicht mehr aushalte. So kaufe ich mir an einer Tankstelle, die er eigentlich sowieso anfahren musste, die aber kein Diesel hat (wie noch 3 weitere dahinter) 2 verschlossene Wasserflaschen. Hier werde ich zum Thai-Trinken (also Tee) aufgefordert. Ich traue mich aber nicht und lehne hoffentlich höflich genug ab. Weiter geht es endlos durch eine weitgehend platte – aber nicht reizlose – Landschaft. Das Landschaftsbild wird immer wieder aufgegliedert durch die vielen archaisch wirkenden Schornsteine, die man teils am Straßenrand, teils am Horizont sehen kann. Das sind – wenn ich es richtig sehe – alles Ziegelstein-„Fabriken“, die noch nach alter Väter Sitte betrieben werden. Man sieht auch überall – u.a. in der Straßenrandbefestigung – wie und wo diese Steine verarbeitet werden.

Als wir die Hauptstraße nach Agra verlassen wird es richtig ländlich. Das heißt aber nicht, dass der Verkehr abnimmt. Ganz im Gegenteil. Dafür sieht man jetzt an jedem 2. Wasserloch Stelzenläufer (Himantopus himantopus) stehen, da und dort sitzt ein Braunliest (Halcyon smyrnensis) auf der Stromleitung und auch sonst ist es sehr erlebnisreich. Erlebnisreich ist auch, dass mein Fahrer bei jeder Provinzgrenze aus dem Auto hetzen muß um seine Scheine nachzuweisen; angeblich muß er auch Zoll zahlen. Interessant, der Aufwand innerhalb der Provinzen in Indien ist ja größer als der, den man in Europa über Landesgrenzen hinweg betreiben muß.

An einem Feld stehen schließlich sogar ganz nah an der Straße 2 Saruskraniche (Grus antigone)  Wow, das ist toll. Aber bei dem Verkehr will ich jetzt keinen Stau hinter mir verursachen und verzichte daher auf das Anhalten. Also geht’s im Schweinsglaopp weiter. Langsam schwant mir nämlich, dass ich mich sputen muß, um noch den „Nachmittagstermin“ im Nationalpark wahrnehmen zu können. Trotzdem bleibt Zeit zu sehen, daß der Gleitaar (Elanus caeruleus) alle Nase lang auf einem der Strommasten sitzt.

Schließlich gelangen wir um gut nach 14:00 nach Bharatpur. Eine lange Fahrt kommt damit zu ihrem Ende. Wie sich herausstellt, ist das Städtchen gar nicht so klein.

Rajasthan 321001, Indien

Nach einigem Hin und Her finden mein Taxifahrer und ich sogar das Birder´s Inn. Ich gebe mich eingedenk der Erfahrung von heute morgen nicht zu erkennen und bekomme prompt ein wirklich großzügiges ruhiges Doppelzimmer für 40 US $ anstatt für 55, die mir per e-mail versprochen worden war. Gut, daß ich nicht formell gebucht hatte. So nun auf in den Nationalpark………

Im weiteren Verlauf des Nachmittags konnte ich noch Sichler (Plegadis falcinellus), Löffler (Platalea leucorodia), vielen Entenarten (u.a. Schnatterente (Anas strepera), Pfeifente (Anas penelope), Löffelente (Anas clypeata), Spießente (Anas acuta), Knäkente (Anas querquedula)), Greife Schopfwespenbussard (Pernis ptilorhyncus), Gleitaar (Elanus caeruleus), Rohrweihe (Circus aeruginosus), Adlerbussard (Buteo rufinus), Schelladler (Aquila clanga), Zwergadler (Hieraaetus pennatus) und natürlich viele Limikolen wie Rotschenkel (Tringa totanus), Teichwasserläufer (Tringa stagnatilis), Waldwasserläufer (Tringa ochropus), Bruchwasserläufer (Tringa glareola), Dunkler Wasserläufer (Tringa erythropus), Grünschenkel (Tringa nebularia), Kampfläufer (Philomachus pugnax) und viele überwinternde Singvögel sehen. Das ist aber der Gegenstand für einen weiteren Blog. Bis dahin, bitte ich um ein wenig Geduld.

Leave a comment

Your email address will not be published. Required fields are marked *