Eine komplexe Reihe von hohen Tschirplauten und rollende, an ein Keuchen erinnernde, Träller oder Überschläge in einem Gesang lassen mich den Schatten eines Gebüschs näher in Augenschein nehmen. Es ist der Taczanowskikolibri (Leucippus taczanowski), der hier singt.
Ich bin auf dem Weg von dem kleinen Städtchen Chamaya im weiteren Gebiet des Maranon-Tals. Über Bagua Grande entlang des Rio Utcubamba – einem Nebenfluß des Río Marañon – soll es durch eine sehr eindrucksvolle Kakteengegend, die Arizona alle Ehre mache würde, nach Pedro Ruiz gehen. Noch nicht lange bin ich aus Chamaya heraus, als ich auch schon an einem recht naturbelassenen Stück flussbegleitender Vegetation anhalte. Eigentlich will ich nur die gestern brandneu erstandenen Schlappen anzuziehen und die unteren Beinteile der Hose abtrennen. Aber wie das so ist, läuft man doch trotz der Hitze etwas herum und siehe da: in einem Baum unter dem Kronendach im Schatten singt der Taczanowskikolibri. Ich hatte den Taczanowskikolibri nur einmal kurz abfliegen gesehen. Diesmal kann ich den Vogel ausgiebigst fotografieren und kann auch recht gut die Punkte (die im englischen namensgebenden „Spots“ für Spot-throated Hummingbird) auf der Brust erkennen. Die Hitze ist so stark, dass der Kolibri sich augenscheinlich gar nicht von seinem schattigen Plätzchen weg bewegen will.
Ich hatte im Oktober beschlossen, von der Küste Perus nach Osten in Richtung Río Marañon-Tal zu fahren. Das Marañon-Tal verläuft entlang der Grenzen zwischen den Regionen Cajamarca und Amazonas. Das Marañon-Tal ist ein recht trockenes Tal mit hohen Durchschnittstemperaturen. Die Höhe der Berge, die das Tal flankieren, beträgt über 3.500 Meter NN, und der Talboden liegt bei 900 Metern, wodurch ein Canyon entsteht, der mehr als 2700 Meter tief ist. Das Tal ist somit einem „Regenschatteneffekt“ ausgesetzt, da es von hohen Gipfeln umgeben ist, die Wolken vom Pazifik und die Feuchtigkeit aus den Wäldern des Amazonas blockieren. Dieser Effekt erzeugt ein trockenes Klima, das durch die hohen Temperaturen bei geringer Höhe des Talbodens verstärkt wird. In diesem isolierten trockenen Ökosystem haben sich seit Millionen von Jahren mehrere endemische Pflanzen- und Tierarten entwickelt. Als Ausgangspunkte für die Erkundung der Vogelbeobachtungsgebiete im Marañon-Tal dienen einerseits Jaen oder die südlich gelegene Stadt ist Celendín.
Celendín liegt nur 105 km von der Hauptstadt der gleichnamigen Provinz Cajamarca entfernt. Die Fahrt kann in weniger als 2 Stunden durchgeführt werden. Doch schon am Río Namora kann man interessante Vögel wie Flügelstreif-Uferwipper (Cinclodes atacamensis), Schwarzscheitel-Waldsänger (Basileuterus nigrocristatus) oder schließlich einen Grauschwanz-Ammerfink (Poospiza alticola) finden. Anschließend geht es weiter auf der Straße. Am Gebirgspass von Comullca, der auf ca. 3.600 Meter über NN liegt, wird die Landschaft von Grasland dominiert. Dies ist der perfekte Lebensraum für Vögel wie den Jardinecanastero (Asthenes flammulata) und den Bleiämmerling (Phrygilus unicolor). Hinter dem Pass fällt die Straße in Richtung Celendín ab. Einige Wäldchen mit Erlengehölzen neben der Straße sind der Rückzugsraum für weitere besondere Vögel wie Cajamarca Einfarb-Ameisenpitta (Grallaria rufula), Rostbürzel-Schmätzertyrann (Silvicultrix jelskii) und Rotohr-Buschammer (Atlapetes rufigenis). Nachdem man die Nacht in Celendín verbracht hat, ist es wichtig, sehr früh am Morgen mit dem neuen Tag zu beginnen, um die ersten Stunden des Tages maximal nutzen zu können und sich in der produktivsten Zeit mit der Beobachtung zu beschäftigen. Am Nun fährt man tatsächlich mitten im Marañon-Tal. Die erste wichtige Station hier ist die Hacienda El Limón, eine kleine Stadt, die etwa 30 Minuten hinter dem Pass von Jelic liegt. El Limón ist ein Plateau oberhalb des Tals auf einer Höhe von ca. 2.000 Metern NN. An dieser Stelle ist die Maranondrossel (Turdus maranonicus), die Grauflügelammer (Incaspiza ortizi), die Braunbauchtangare (Thlypopsis inornata) und eben auch der Taczanowskikolibri zu Hause. Die Fahrt von El Limón in die Stadt Chacanto am Ufer des Flusses Marañon dauert etwa 40 Minuten. Während des Abstiegs ist es eine gute Idee, die Aufmerksamkeit auf die trockene Vegetation entlang der Straße zu lenken. In Chacanto angekommen, sollte an der Brücke Halt gemacht werden, von wo aus der Purpurkehlorganist (Euphonia chlorotica) und der Gelbschwanztrupial (Icterus mesomelas) beobachtet werden können. Von Chacanto nach Norden führt eine schmale Straße in die kleine Stadt Balzas. Dies ist der zuverlässigste Ort, um nach dem endemischen und seltenen Gelbmasken-Sperlingspapagei (Forpus xanthops) zu suchen. Von Chacanto aus kann man in die Berge auf der Ostseite des Tals in Richtung der Stadt Leymebamba fahren. Chacanto zu verlassen bedeutet jedoch, die Region Cajamarca zu verlassen und die Region Amazonas zu betreten.
Der Taczanowskikolibri gehört zu einer Gattung von nur 2 Arten. Leukippus sind mittelgroße Kolibris mit tristem Gefieder und wenig oder keinem sexuellen Dimorphismus. Die Oberseite ist grün und die Unterseite ist weiß oder schwach cremefarben, ohne irgendwelche glitzernden Elemente an der Brust. Leukippus- Kolibris haben schwarze Schnäbel, die relativ lang sind, aber nur leicht gebogen. Die Schwanzfedern aller Leukippus- Kolibris sind mittellang und haben eine stumpfe Spitze. Der Taczanowskikolibri ist das größere Mitglied der Gattung. Die Unterteile sind cremefarben oder sehr hellgrau und es gibt kleine glitzernden Flecken am Hals. Der Taczanowskikolibri ähnelt dem Baerkolibri (Leucippus baeri), der aber auf die niedrigeren Lagen am Pazifikhang im äußersten Nordwesten Perus beschränkt ist. Diese beiden Arten ersetzen sich im Allgemeinen gegenseitig und sind nicht syntopisch. Der Baerkolibri ist kleiner als der Taczanowskikolibri und hat einen einfachen (ungepunkteten) Hals.
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