Ein Habichtskauz (Strix uralensis) ist einer der meistgesuchten Eulen. Und das will was heißen. Die große Ausgabe des Waldkauz (Strix aluco) ist zwar inzwischen wieder Nationalpark Bayerischer Wald heimisch, nachdem nach seiner Wiedereinbürgerung 1989 die erste erfolgreiche Naturbrut stattfand. Doch die meisten Vogel-Fotografen versuchen den Habichtskauz auf einem Skandinavientrip in Schweden oder Finnland mit Hilfe eines einheimischen Guides zu finden. Weniger bekannt ist, daß der Habichtskauz nicht nur in Nordosteuropa sondern auch in den Gebirgen Südosteuropas (Slowenien, Rumänien, Ostslowakei) vorkommt. In den Urwäldern von Kocevje hat diese Eule ein Rückzugsgebiet gefunden, das von einer Unterart Südosteuropas besiedelt wird.
Zwischen den Flüssen Krka und Kolpa gelegen, ist der Landkreis Kocevje eine waldreiche Region im Herzen von Sloweniens Waldgebieten. Deutlich schöner als die Industriestadt Kocevje ist die sie umgebende Landschaft. Ihr Reichtum liegt in ihren Wäldern, ihrer unberührten Natur und ihrer Fülle an Wildtieren und -pflanzen. Es soll sich hier – hoch bis auf ca. 1.000m NN noch eine gut erhaltene natürliche Umwelt erhalten haben. Eine schöne Wildnis mit Bären und tollen Urwaldspezialisten. Je nach Höhenlage treten Buchen, Weisstannen oder Fichten als dominante Baumarten auf. Die gesamte Hügellandschaft im Südosten Sloweniens ist weitgehend von Wald bestockt und sehr dünn besiedelt. Im Gebiet Kočevje beträgt der Waldanteil heute 85%, und die Siedlungsdichte liegt bei lediglich etwa 7 Einwohnern pro km2. In den Urwäldern von Kocevje sind angeblich noch nie Bäume gefällt worden. Hier gelten schon seit Jahrtausenden die Gesetze der Natur. Allerdings gab es, wie überall sonst in Mitteleuropa, einmal sehr viel mehr Wald. Zwar wurden schon vor 100 Jahren die ersten Urwaldgebiete geschützt, doch konnten sie sich nur in entlegenen Winkeln erhalten. Bis heute sind sechs Urwälder mit einer Gesamtfläche von 217 ha bewahrt: die Wälder von Kopa, Krokar, Pecka, Prelesnikova Kolisevka, Strmec und Rajhenavski Rog. Vorherrschend ist der Tannen-Buchen Urwald. Die bis zu 500 Jahre alten Bäume sind 50 bis 60 Meter hoch und besitzen 1 bis 2 Meter dicke Stämme.
Fotografisch besonders reizvoll ist der Urwald Krokar, ein Buchenurwald auf der welligen Karstebene der Borovska gora, durch die sich der Kolpa Fluß windet. Der Zugang zum Waldgebiet direkt westlich der Stadt ist gar nicht so einfach zu finden. Direkt unterhalb des Mesmi-Gipfels kann man in einer Wanderhütte Quartier finden. Man darf nur keine bequemen Spazierwege erwarten, die zu den interessantesten Bereichen einer Wanderung führen. Die meiste Zeit stiefelt man durch – allerdings gut-entwickelten – Wirtschaftswald. Dann plötzlich findet man eines der auf den Info-Tafeln verzeichneten Urwaldreservate. Man sieht sofort wo der Urwald beginnt. Die Bäume stehen nicht sehr eng und tote Stämme liegen kreuz und quer am Boden herum. Teilweise fällt das Reservat am Hang Berges mehrere hundert Meter nach unten in ein Bergtal hinab. Anfangs sehe ich davon noch nichts. Die Sicht beträgt nur wenige Meter. Gespenstisch schauen sie aus, die verschiedenen Bäume im Nebel. Die Buche ist auch hier dominant. Jahrhunderte alte Tannen lockern mit ihren immergrünen Zweigen die nackten Zweige der Laubbäume auf. Ich bin nun auf 970m NN. Vom Weißrückenspecht (Dendrocopos leucotos) ist leider weit und breit nichts zu hören. Dafür ist der Ruf des Schwarzspechts (Dryocopus martius) umso präsenter. Ein tolles Habitat. Es handelt es sich um einen wunderschönen Südwest-Hang mit alten Bergahorn und Buchen, der Strmec genannt wird. Schließlich stehe ich in der Kälte hoch auf einem Gipfel. Bei der Rückfahrt zum Kopa Koh (der Hütte) scheuche ich noch mal einen dicken Vogel auf. Ich werde verrückt: das ist doch ein dicker Bursche auf einem Ast. Ja, das ist ein Habichtskauz. Wow, was für ein Brummer. Wirkt fast so dick wie ein Uhu. Er hält erstaunlich still. Ich setze den Wagen kurz zurück und hole das 500er aus dem Kofferraum und ziehe mich mal richtig an. Dann fahre ich langsam wieder runter. Und dann, da sitzt er auf einem Ast mitten im blätterlosen, leicht schattigen, Buchenwald. Ein paar Aufnahmen gelingen aus dem Wagenfenster heraus. Ich parke dann wenig weiter und laufe zu Fuß zurück. Der Abstieg ist aufgrund der steilen Lage nicht möglich. Dafür sitzt er nun schön im schönsten Nachmittagslicht auf seinem Ast im Buchenwald. Ich bin nun auf ca. 900m NN. Ich nehme ihn noch mal vom Gitzo- von der Straße aus auf. Schade, nun hat er genug: Er fliegt dann weg
Der Tannen-Buchen Urwald weist bis zu 500 Jahre alte Bäume auf. Dadurch daß die Bäume vereinzelt eingehen, verjüngt sich der Wald beständig. Buchenbäumchen füllen meist schnell entstandene Lücken. Tannen warten oft lange geduldig im Schatten der Buchen, bis sie eine Chance erhalten, zu mächtigen Bäumen heranzuwachsen. Zunächst finden die jungen Tannen auf diese Weise Schutz vor allzu heftigen Wetterereignissen, zugleich nehmen ihnen aber die großen Buchen das Licht. Dennoch stabilisiert die Kombination aus alten absterbenden Bäumen und Jungholz dieses Ökosystem und vergrößert die biologische Vielfalt. Eine wichtige Rolle spielt das Totholz. In den langsam zerfallenden Stämmen entsteht ein neuer Lebensraum für unzählige Mikroorganismen, Pilze, Insekten, Nagetiere und letztlich auch den Habichtskauz.
Wenn man Glück hat, kann man den Wald von Krokar im Nebel fotografieren. Meist „verraucht” der Nebel im Tal des Kolpa. Wenn er bis in den Wald aufsteigt, hüllen sich die Bäume für ein oder zwei Stunden in einen Schleier. In den anderen Urwäldern von Kocevje ist der Nebel wegen ihrer Lage noch seltener. Nebelwetter bietet neben wolkigem oder regnerischem Wetter die besten Voraussetzungen für ein weiches, diffuses Licht, das geeignet ist, den Urwald mit seinem heimlichen Bewohner, dem Habichtskauz, zu fotografieren.
Die beste Zeit für den Habichtskauz ist im April, da er dann ruft und auch auf das Abspielen seiner Rufe (verhalten) reagiert. Die interessanteste Zeit für ein intensives Urwalderlebnis ist dann auch der Übergang vom Frühling zum Sommer im Mai bis Juni, wenn die Wälder ergrünen und aufblühen. Blühende Christrosen (Helleborus niger) sind z.B. so ein Highlight im Urwald Krokar. Die herbstlich gefärbten oder schneebedeckten Urwälder sind jedoch auch interessant. Für einen Winterbesuch nicht nur eine entsprechende Ausrüstung mit Skiern oder Schneeschuhen erforderlich, sondern auch eine gute physische Verfassung. Die Orientierung im Wald ist oft nicht leicht. Einen markierten Weg findet man in dem Wald nur selten. Ein GPS-Gerät ist auf jeden Fall angeraten, denn die anderen Wege sind nicht markiert, und die Grenzen der Urwaldgebiete, die inmitten eines größeren Waldgebietes liegen, sind nur durch drei blaue, auf den Bäumen gemalte Grenzlinien bezeichnet.
Kocevje im Süden Sloweniens ist eine Karstlandschaft mit bis zu 1.200 m hoch gelegenen Hochebenen. Wegen des relativ kühlen und feuchten Klimas ist das Gebiet weniger für eine intensive Landwirtschaft oder für die Besiedlung geeignet. Mitten in diesen Wäldern findet man Plätze, an denen die Zeit scheinbar stehengeblieben ist. Dies ist ein Lieblingsgebiet des Habichtkauzes.
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