Ein Pieper fliegt auf, als wir uns dem trockenen, mit niedrigem Gras bewachsenen Gebiet nähern. Unser Guide ruft sofort: das ist nicht das Malindipieper (Anthus melindae) sondern ein Weidelandpieper (Anthus cinnamomeus). Bereits am Sabaki River Delta hatten wir im schütter bewachsenen Grasland vergeblich nach dem Malindipieper gesucht. Unser Guide meint, daß die bisher sehr zuverlässig besiedelte Ebene aufgegeben wurde, weil Landwirtschaft den verfügbaren Lebensraum reduziert. In dem konkreten Fall am Sabaki River Delta soll wohl eine Salzproduktion aufgebaut werden. Die Politik scheint momentan entlang der Küste in die Salzproduktion investieren zu lassen. Das ist natürlich eine große Bedrohung. Die Flächen für die Salinen, also den Verdampfungsflächen, die technischen Anlagen und die Deiche werden natürlich den verfügbaren Lebensraum für diese Art dramatisch reduzieren. Aber auch die Umwandlung der Landwirtschaft einschließlich des Anbaus von Biokraftstoffen ist eine große Bedrohung. Insgesamt sieht er eine große Bedrohung für das Überleben dieser Art zumindest im näheren Umkreis von Malindi.
Im Arabuke-Sokoke Forest hat er das Malindipieper allerdings in der Nähe des sogenannten Elefantensumpfes sehen können. Da sei nämlich inzwischen weit und breit die einzige Stelle, um den Pieper zu sehen. Der Sumpf ist tatsächlich gar nicht schlecht. Unser Guide kann dem Gebiet trotzdem nicht so recht was abgewinnen, weil man nie wüßte, wann und ob Elefanten zum Trinken kämen. Da hilft dann nur die Flucht durch den Elektrozaun in das landwirtschaftliche Gebiet nahebei. Wir untersuchen trotzdem kurz den Sumpf. Unser Guide meint, daß das Gras um den Sumpf inzwischen viel zu hoch für die Biotopansprüche des Malindipiepers ist. Es findet innerhalb des Schutzgebiets ja keine Beweidung statt. Die Habitatnutzung des Malindipiepers, der ein Pieper ist, der ursprünglich gelegentlich überschwemmte Grasebenen bevorzugt, dürfte nur gegeben sein, wenn Beweidung hilft, eine bestimmte Höhe des Grases zu erhalten. Wenn das Gras nicht geweidet wird, überwuchert das Gras und zwingt die Vögel, nach Stellen mit kürzerem Gras in der Landschaft zu suchen. Die einzige Alternative sind die nahebei gelegenen bäuerlichen Flächen.
So queren wir den Elektrozaun in das landwirtschaftliche Gebiet. Vielleicht ist der Malindipieper ja hier zu finden. Ein gerade bepflanztes Feld wird genau untersucht. Es ist nun 10:30 und die Sonne steht natürlich schon sehr hoch. Zuerst sehen wir aber wie gesagt nur ein Weidelandpieper. Dann fliegen 2 dunkle, kleine Pieper hoch. Ja, Unser Guide identifiziert diese als Malindipieper. Malindipieper sind kleiner und an den Flanken stärker gestreift. Wir setzen uns an den Ackerrand und versuchen ein Paar Malindipieper näher zu lokalisieren. Schließlich robbe ich auf den Knien an die Malindipiepers heran und kann dann auch mal ein Malindipieper ganz gut fotografieren, wie es auf einer Ackerscholle steht. Beim Verlassen dieses schönen Graslandgebiets scheuchen wir noch einen Gelbkehlpieper (Macronyx croceus) auf.
Eine traurige Geschichte. Nun sind die Malindipieper auf einem umgebrochenen Acker zu finden, der schon mit den ersten Feldfrüchten bestanden ist. Einzelne Büschel mit Grashalmen mögen an ein spärlich bewachsenes Grasland erinnern. Für die Nahrungssuche mag das ausreichen, aber als Brutgebiet fällt ein Feld natürlich allein durch die Störung durch intensive Bewirtschaftung aus.
Das Verbreitungsgebiet des als „Near-Threatened“ betrachteten Malindipiepers in den Küstenarealen Ost-Kenias reicht vom Arabuko Sokoke Forest und seiner Umgebung, über Marafa, Marereni, das Tana River Delta und nördlich davon bis nach Mpeketoni, Lamu, das Grasland innerhalb und in der Umgebung des Boni Dodori Forest bis zu den Gebieten an der Grenze zu Somalia. Dies ist ein sehr großes Gebiet.
Die Verbreitung dieser Art ist jedoch stark fragmentiert und nicht so zusammenhängend, wie gelegentlich in den Verbreitungskarten dargestellt wird. Es giebt eine große Lücke in der Verbreitung in Gebieten nördlich von Marreni, da der Lebensraum eher ungeeignet ist. Die Gegend ist wohl einfach zu trocken. Das Tana River Delta scheint die Hochburg für diese Art zu sein. Die größte Population der Art findet sich daher innerhalb des Deltas mit seinen ausgedehnten Grasflächen.
Für den Birdwatcher bleibt als beste – vielleicht einzige – Möglichkeit wohl nur in der Nähe des Arabuko Sokoke Forest Ausschau nach diesem seltenen Pieper zu halten. An der Küste vor allem nördlich des Tana River Deltas gibt es eine hohe Gefahr in Überfälle verstrickt zu werden. Das gilt leider bis einschließlich zum Boni Dodori-Wald. Dies machte es sehr schwierig, die Population im und vor allem nördlich des Tana-Deltas auf zu suchen.
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