Vogelfotografie um den Picos de Europa

OrpheusspötterWährend einer Pause an einem der zahlreichen klaren Bäche höre ich einen wundervollen melodischen Vogelgesang. Rasch richte ich mein „fahrbares Tarnzelt” ein, einen umgebauten Camping-Landcruiser und nähere mich langsam fahrend dem Gesang. Plötzlich fliegt ein gelblich-grüner Vogel rastlos hin und her. Mal singt er von der Spitze einer weiter entfernt stehenden Kiefer herab, dann wieder aus einem nahen Brombeergebüsch heraus. Ich muß meine Gesangserinnerungen ein wenig sortieren. Schnell gelange ich zu dem Schluß, daß es sich um einen männlichen Orpheusspötter (Hippolais polyglotta) bei dem kleinen Sänger handelt. Leider wechselt der Vogel derart hektisch seine Sitzwarten, daß es anfangs unmöglich ist, ihn zu fotografieren. Um den Orpheusspötter möglichst für einen längeren Zeitraum in meine Nähe zu locken, spiele ich mein Tape mit Vogelstimmen ab. Der Gesang eines vermeintlichen Konkurrenten läßt den Vogel in einem nur wenige Meter entfernten Busch landen. Er singt aus voller Kehle, um den Konkurrenten zu vertreiben.

Während die südlichen Landschaften in Spanien – wie die Estremadura – zu den beliebtesten Fotozielen auf der iberischen Halbinsel gehören, sind die Gebirge im Norden, wie die Picos De Europa vielen Vogelfotografen weitgehend unbekannt.

Auf meinen Reisen nach Spanien waren die Vögel des Hochgebirges bisher zu kurz gekommen. Sie standen diesmal im Mittelpunkt einer Reise. Die Zielarten waren: Bartgeier (Gypaetus barbatus), Alpendohle (Pyrrhocorax graculus), Ringdrossel (Turdus torquatus), Alpenbraunelle (Prunella collaris) und Zitronengirlitz (Serinus citrinella).

Ausgangspunkt war der recht bekannte Ort Fuente Dé. Über das Liébana-Tal ging es auf der CA-185 zwischen Potes nach Fuente Dé befindet. Die Idee war, in der Nähe der Seilbahn in Fuente Dé eine Unterkunft zu suchen. Wenn die Bedingungen gut genug waren, würde ich so bei jeder Gelegenheit mit der Bahn hochfahren um von da aus auf die Gipfel zu gehen. Hätte ich mit Regen oder Niederschlägen zu kämpfen, könnte man die Vogelbeobachtung in den Tälern und in den Wäldern betreiben.

Nach einigen Wanderungen bin ich schon nach wenigen hundert von der Bergstation der Seilbahn von der Schönheit der Berge geradezu überwältigt. Überall fließen Rinnsale durch die Wiesen, entspringen Quellen den feuchten Hängen und werden zu beeindrucken Bächen mit Wasserfällen und Stromschnellen. An manchen Stellen spiegelt sich die grandiose Gebirgswelt im ruhigen Wasser wider. Die Wanderungen führen mich durch verschiedene Täler, über Hochplateaus und Bergkämme. Idyllisch liegen kleine Seen unter dem Halbrund der schneebedeckten Gipfel. Im Frühjahr ist das Wetter in der Sierra sehr wechselhaft und feucht. Mehrmals täglich ergießen sich starke Regenfälle, zwischen denen immer wieder die Sonne von einem strahlend blauen Himmel scheint.

Überall von Büschen, Felsbrocken und anderen erhöhten Stellen singen Heckenbraunellen (Prunella modularis) und Zippammern (Emberiza cia). In der Nähe von Gewässern leben Bergpieper (Anthus spinoletta), die sich wie der Orpheusspötter mit vermeintlichen Konkurrenten von der Kassette in die Nähe der Kamera locken lassen. Daneben können Wasseramseln (Cinclus cinclus) und Gebirgsstelzen (Motacilla cinerea) fotografiert werden. Ein sehr guter Platz dazu ist in der Nähe von Potes am Fluß Deva. Direkt am Parking Area des Hotels können die Wasseramseln sehr schön fotografiert werden.

Ein Wasseramsel-Pärchen ist so sehr mit der Fütterung ihrer Jungen beschäftigt, daß ich mich ihnen ohne Tarnung bis auf Fotodistanz nähern kann. Ich laufe einfach vom Parkplatz den Hang zum Fluß hinunter. Erst nach einiger Zeit finde ich heraus, wo das Nest der Wasseramseln liegt. Die Vögel fliegen mit Futter im Schnabel durch einen kleinen Wasserfall hindurch und kehren kurze Zeit später mit leerem Schnabel wieder zurück, Ein sichereres Versteck für die Brut läßt sich wohl kaum finden. Wer die Estremadura besucht, sollte sich überlegen auf dem Rückweg wenigstens einige Tage Zeit für einen Abstecher in die abwechslungsreichen und fotografisch sehr interessanten Picos De Europa nehmen. Die Motivvielfalt ist sehr groß und viele Tiere lassen sich ohne besondere Tarnung ablichten.

Der höchste Gipfel des Gebirges ist der Torre de Cerredo (2.648 m), aber auch andere Berge im ansonsten knapp 2.000 Meter NN hohen Gebirge sind immer einen Besuch wert und ich bin immer noch begeistert von der Motivvielfalt dieser Region.

Ein wenig Kondition ist allerdings schon gefragt, wenn man mit Fotogepäck und Verpflegung den steilen Aufstieg in das eindrucksvolle Karstgebirge beginnt. Die beste Reisezeit für einen Besuch der Picos De Europa reicht von Anfang April bis in den Herbst hinein. Bis Ende April ist mit Schnee zu rechnen. Die Tage rund um Ostern und die Zeit der spanischen Sommerferien sollte man auf jeden Fall meiden, da die Berge dann recht überlaufen sind. Gute und preiswerte Unterkünfte findet man in vielen Dörfern. Viele Unterkünfte bleiben allerdings bis Mitte Mai geschlossen, da erst dann die Hauptsaison beginnt. Im ganzen Gebiet befinden sich teils gut ausgestattete Campingplätze. Für die Wanderungen ist festes Schuhwerk unentbehrlich. Warme Oberbekleidung sollte man auch an sonnigen Tagen immer im Gepäck haben.

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