Waldammern in der Westpaläarktis

WaldammerEin frischer Frühsommermorgen, die aufgehende Sonne im Osten, das leise Zwitschern der über Nacht angekommenen Zugvögel. Ein Spätherbsttag auf Happy Island, dem Hotspot für die Zugvogelbeobachtung an Chinas Süd-Ostküste. Früh am Morgen muß man raus. Ich packe sowohl das Stativ als auch das Spektiv ein. Zuerst widme ich mich dem Strand. Ein ganz tolles dunstiges Morgenlicht liegt über der Landschaft. Halb-durchsichtige Schleierwolken sind am Himmel sehen. Die Sonne kämpft sich durch den dichten Dunst der weiter hinten über dem Horizont hängt. Ein Traum. Es setzt sehr bald ein sehr anständiger Schwalbenzug ein. Soweit ich überblicken kann, handelt es sich komplett um Rauchschwalben (Hirundo rustica). Ich wechsel immer wieder zwischen dem feuchten Sand am Wattenmeer und dem tieferen Sand auf der Böschung, die am Strand entlang führt. Der Strand wird zusehends schmaler. Vor mir fliegen erst mal Feldlerchen (Alauda arvensis) und Bachstelzen (Motacilla alba) auf. Gerade an der Stelle, an der ich am vorherigen Morgen ein männliches Rubinkehlchen (Calliope calliope) im Morgenlicht auf einem Dornstrauch gesehen hatte, steht jetzt ein etwas pummelig wirkender Singvogel, der auf den ersten Blick wie eine Rohrammer aussieht. Es ist eine dunkel rotbraune Ammer, die über eine kontrastreiche Gesichtszeichnung mit einem breitem Überaugenstreif, einem breiten Bartstreif und einem auffälligem Ammerfleck an den Ohrdecken verfügt. Der helle, weiße Bauch mit einer Reihe bräunlicher Flecken auf den Flanken ist ebenso wie ein Brustband gut zu erkennen. Ich vermute sofort eine Waldammern (Emberiza rustica). Ich erkenne sofort, daß auch der auf meiner Wunschliste steht. Die Ammer ist sicher erst in der Nacht angekommen und noch ganz ermüdet vom Flug. Daher läßt sie sich perfekt fotografieren. Wie sich später herausstellt, wird Happy Island auch später noch für weitere Ammer-Beobachtungen gut sein.

Die Waldammer ist auch für die Westpaläarktis ein alljährlicher Zuggast. Außerdem wurde die Waldammer Brutvogel in Skandinavien. Dabei war eine Westausbreitung im 20. Jahrhundert zu beobachten. Der erste Brutnachweis in Norwegen war erst 1960 dokumentiert worden. Im Jahr 1994 wurden in dem Land 100-500 Brutpaare kartiert. Seitdem ist dort ein Rückgang der Bestände von 82 % festgestellt worden. Auch die finnische und die schwedische Brutpopulation haben stark abgenommen.

Der Rückgang der Bestände spiegelt sich offensichtlich auch in den Zahlen der in Deutschland beobachteten Waldammer wieder. Die Zeitschrift „Charadrius“, die vereinseigene Zeitschrift der Nordrhein-Westfälische Ornithologengesellschaft e.V. (NWO) konstatiert ebenfalls auch für Nordrhein-Westfalen einen offenkundigen Rückgang. Im Heft 2, des 51. Jahrgangs der NWO-Zeitschrift beschreibt, daß die bisher letzte Waldammer 1999 beobachtet wurde. Und zwar am 13. Oktober. Dabei war eine Waldammer in einer langen Hecke neben einem Wirtschaftsweg zusammen mit Singdrosseln (Turdus sphilomelos), Rotdrosseln (Turdus iliacus) und Amseln (Turdus merula) sowie einzelnen Buchfinken (Fringilla coelebs) und Goldammern (Emberiza citrinella) gesehen worden.

Davor war am 9. Oktober 1998 eine Waldammer an den Hattroper Klärteichen im Kreis Soest entdeckt worden. Auch hier wurden die rotbraunen Fleckenreihen entlang der Flanken auf dem ansonsten milchweißen Bauch sowie die typische Gesichtszeichnung beschrieben. Die Waldammer wirkte etwas kurzschwänziger als eine Goldammer. Die Größe entsprach im Vergleich eher der eines Bluthänflings (Carduelis cannabina). Man sollte bei Herbstbeobachtungen im deutschen Binnenland auch auf die Rufe achten. Diese werden u.a. für den Abflug mit den charakteristischen „tsick“-Rufe beschrieben, die grob an Rufe von Singdrossel erinnern, aber etwas tonloser klingen. Sie seien viel leiser und ahrt im Anschlag – weniger schneidend – als ähnliche Rufe der Goldammer

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